24.10.2019

Deutungselite will Medienreform

 

Die Deutungselite bastelt weiter an ihrer Vernetzung, wie man gestern in der Tagesschau ab Minute 10:48 erfuhr. Bei den 33. Medientagen ging es natürlich auch um den „Kampf gegen Manipulation und Hass im Netz“ – man kann den hässlichen Begriff „Hass“ ja nicht oft genug in die Köpfe der Bevölkerung hämmern. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hielt die Eröffnungsrede. Dabei „sprach er sich klar für eine Anhebung des Rundfunkbeitrags aus“. Über die vom Bundesrechnungshof dargelegten ungerechtfertigten Steuervorteilen in Höhe von rund 55 Millionen Euro liegt weiterhin der Mantel des Schweigens. Mit der angestrebten „Reform der deutschen Medienordnung“ wirbt auch der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm für eine „europäische digitale Infrastruktur“; eine „Plattform im Internet, die öffentlich-rechtliche und private Medien zusammen mit Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen bestücken könnten, als Gegenmodell zu den großen US-Anbietern“. Die nämlich betrieben Zuspitzung und Polarisierung mit „schädlichen Auswirkungen für die Demokratie“. Von einer sachlichen Begründung dafür war nichts zu hören. Die privaten Sender signalisierten Zustimmung zu diesem Plan. Pro7-Sat1-Vorstandsmitglied Conrad Albert: Soziale Medien wirken zutiefst antidemokratisch. Was ein hanebüchener Schwachsinn in dieser Pauschalität.

 

Zufällig passt im Übrigen genau folgendes medienpolitische Symposium am 26. November vom „Initiativkreis öffentlich-rechtlicher Rundfunk“ dazu: „Bedrohen Facebook, Google & Co. unsere Demokratie? - Neue Herausforderungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Internet … Haben die negativen Entwicklungen im Internet strukturelle Ursachen?“ Der „gemeinwohlorientierte öffentlich-rechtliche Rundfunk“ muss der „Gefahr“ selbstredend entgegenwirken, „wenn ökonomi-sche Interessen der großen Internetkonzerne bestimmenden Einfluss darauf nehmen können, welche Informationen der Einzelne bekommt und welche Themen in der Gesellschaft diskutiert werden“. Man kann das schon verstehen. Die historische Erfahrung zeigt, dass es für derartige Anstalten schwer ist, „freiwillig auf ihr Medienmonopol zu verzichten“. Man sollte bei der anvisierten Medienreform endlich aus der Geschichte lernen: Nach dem Beschluss eines Runden Tisches zum Beispiel war im Februar 1990 das SED-Medienmonopol beendet. „Parallel zu den politischen Entwicklungen gründen sich zahlreiche neue, unabhängige Zeitungen, während die etablierten parteipolitischen Blätter sich um interne Reformen bemühen. Auch bei Hör- und Fernsehfunk gibt es Bestrebungen, die Berichterstattung zu reformieren und Personal in Redaktionen auszutauschen.“ 

 

Siehe auch Spiegel Online mit Fragen und Antworten: "Jetzt kommt der Alle-Medien-Staatsvertrag - Mit einer grundlegenden Reform soll der Rundfunkstaatsvertrag künftig nicht nur für TV und Radio, sondern auch für Internetplattformen wie Google und Instagram gelten..."

 

Nachtrag vom 7.12.: "Der Medienstaatsvertrag ersetzt den Rundfunkstaatsvertrag und stellt nun ausdrücklich auch Internetmedien unter die Aufsicht der Behörden. Am Donnerstag haben die Ministerpräsidenten der Länder den Entwurf abgesegnet ... Der Medienstaatsvertrag könnte auch Folgen haben für Medienseiten, die Desinformation verbreiten ... Schließlich müsste das Gesetz der Europäischen Kommission vorgelegt werden. In Kraft treten könnte es voraussichtlich im Herbst 2020 ... Stellt sich ein journalistisch-redaktionelles Internetangebot quer und weigert sich, sich einer Freiwilligen Selbstkontrolle anzuschließen, soll die jeweilige Landesmedienanstalt zuständig sein. Wer wiederholt etwa gegen die journalistische Sorgfaltspflicht verstößt, dem könnten Bußgelder drohen. In letzter Konsequenz könnte ein solches Medium dann auch verboten werden." Ausdrücklich verboten sei den Intermediären, journalistisch-redaktionelle Angebote zu benachteiligen.  


4.6.2019

CDU-Sturz bei Europawahl: was fehlt…

 

Kein Blatt, kein Sender zieht „die Verantwortliche für das katastrophale Resultat zur Verantwortung“. In einer wachen Demokratie nähmen unbestechliche Journalisten die Regierung nach solcher Niederlage „in Haftung“, unterzögen sie „schonungsloser Kritik“. Denn: „Wahltag ist Zahltag. In der Demokratie. Im demokratischen Deutschland mit dem modernsten freiheitlichen Grundgesetz der Welt jedoch machen die Journalisten einen ehrfürchtigen Bogen um die Bundeskanzlerin – und wenn sie sich ihr doch mal nähern, dann unter Bücklingen und nur, um sich so rasch wie möglich dienerhaft rückwärts zu entfernen. In der deutschen Demokratie ist alles zulässig, nur nicht Kritik an der Frau, die seit 14 Jahren regiert.“             Frank A. Meyer bei Blick.ch


Siehe auchPetitionsausschuss im Bundestag: "Missbrauch des Abmahnrechts verhindern."

3.5.2019

Klage gegen Pressebericht

 

Jetzt kann man schon wegen einer ganz normalen Presseberichterstattung Probleme bekommen. Der Fall: Ein Schriftsteller hält im Frühjahr 2018 als Gastdozent „eine frei zugängliche Vorlesung“. Die Autorin eines Online-Presseunternehmens ist zugegen und berichtet am Folgetag ausführlich über den Vortrag. Der Gastdozent freut sich aber nicht über die – korrekt wiedergegebene – Veröffentlichung, sondern begehrt unter Bezug auf das Urheberrecht im Eilverfahren, der Beklagten die Verbreitung konkreter Textpassagen mit seinen Zitaten zu untersagen. „Das Landgericht gab diesem Antrag statt.“ Die Beklagte beruft und das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hebt die einstweilige Verfügung wieder auf. „Die Berichterstattung sei rechtmäßig … Die wiedergegebenen Textpassagen seien zwar als Sprachwerke urheberrechtlich geschützt. Die Veröffentlichung sei jedoch über das sogenannte urheberrechtliche Zitatrecht (§ 51 UrhG) gerechtfertigt.“ Folgende Selbstverständlichkeit muss hier juristisch festgestellt werden: „Der Kläger habe selbst das Sprachwerk in freier Rede der Öffentlichkeit in Gestalt der Zuhörer seiner Vorlesung zugänglich gemacht.“ Festgestellt wird außerdem: Die Zitatfreiheit „gestattet es nicht, ein fremdes Werk nur um seiner selbst willen zur Kenntnis der Allgemeinheit zu bringen“; also ohne Erläuterung oder eigene Einordnung. Wenn man hier eine gedankliche Parallele zieht zum ohnehin schon bedrohten bewertungsfreien Nachrichtenjournalismus – durch die derzeit überall hineindrängenden Meinungsjournalisten mit ihrem eingebildeten Erziehungsauftrag –, dann liegt es nicht fern anzunehmen, dass diesen die Forcierung des Urheberrechts durchaus zu pass kommt. Es bleibt jedenfalls zur Kenntnis zu nehmen, dass es in der Debatte einen Verleger schon vor drei Jahren dazu drängte, „eine differenzierte Betrachtung von Publikationskulturen“ einzufordern.

 

Weitere Fälle

 

Nachtrag vom 6.5.: Anderer Fall: OLG Frankfurt am Main: "Die Betreiberin einer international ausgerichteten Internet-Plattform, auf der kostenfrei literarische Werke veröffentlicht werden, haftet für Ur­heber­rechts­verletzungen in Deutschland, wenn die in deutscher Sprache angebotenen Werke nach deutschem Urheberrecht noch nicht gemeinfrei sind und die Betreiberin sich die von Dritten auf der Plattform eingestellten Werke 'zu eigen' gemacht hat. Der Geschäftsführer haftet ebenfalls, wenn er lediglich eine Prüfung US-amerikanischen Urheberrechts veranlasst, trotz der bestimmungsgemäßen Ausrichtung der Webseite auch auf deutsche Nutzer."

 

Nachtrag vom 10.5.: "Der Bundesfinanzhofs hat entschieden, dass Abmahnungen, die ein Rechteinhaber zur Durchsetzung eines urheberrechtlichen Unterlassungs­anspruchs gegenüber Rechtsverletzern vornimmt, umsatz­steuer­pflichtig sind. Gegenleistung für die Abmahnleistung ist der vom Rechtsverletzer gezahlte Betrag..."

 

Nachtrag vom 14.5.LTO berichtete Ende März: "Zur Zeit beschäftigt sich auch der Europäische Gerichtshof mit der Frage, ob der Staat das Urheberrecht als Argument nutzen darf, um die Veröffentlichung von Dokumenten durch Journalisten zu unterbinden." (!) Die FDP-Fraktion drängt jetzt in einem Antrag, das "Urheberrecht nicht zur Einschränkung der Informationsfreiheit" zu missbrauchen. Die Bundesregierung solle es "unterlassen, die Veröffentlichung beziehungsweise Verbreitung staatlicher Dokumente mit den Mitteln des Urheberrechts zu unterbinden" - betreffend Abmahnungen, gerichtliche Geltendmachung des Urheberrechts bei Gutachten oder Ähnlichem aus Ministerien oder ihnen unterstellten Behörden. Und zu einem weiteren Fall betreffs Fotos aus dem Internet (Schweiz, SRF): "Das Bild habe sie von der Plattform 'Flickr' heruntergeladen, aus dem Bereich der frei verfügbaren Fotos. Doch die Kanzlei Meili Pfortmüller bleibt dabei. Esther Hufschmid habe kein Recht gehabt, das Foto zu verwenden, deshalb sei sie für die bisherige Nutzung zahlungspflichtig." Ein Rechtsanwalt:  "möglich,  dass das Bild illegal auf 'Flickr' gestellt worden sei 'und da kann Esther Hufschmid zwar nichts dafür'. Dennoch habe sie kein Recht gehabt, das Bild zu verwenden. 'Jedes Herunterladen von illegal hochgeladenen Fotos ist eben auch illegal'."

 

Nachtrag vom 25.6.: "Die Veröffentlichung eines urheberrechtlich geschützten Fotos bedürfe der Zustimmung des Urhebers, auch wenn das Bild auf einer anderen Webseite frei verfügbar ist, so die Antwort aus Luxemburg. Durch den Upload werde das Bild schließlich einem neuen (öffentlichen) Publikum zugänglich gemacht." Der BGH setzt damit EuGH-Rechtsprechung um.

 

Nachtrag vom 29.7.: Der Europäische Gerichtshof setzt neue Maßstäbe für die Anwendung der nationalen Schranken des Zitatrechts und der Berichterstattung über Tagesereignisse. "In Bezug auf das Zitatrecht stellt der EuGH ... zunächst fest, dass es nicht notwendig sei, dass das zitierte Werk untrennbar in das Hauptwerk eingebunden wird, zum Beispiel durch Einrückungen oder in den Fußnoten. Vielmehr könne sich ein solches Zitat auch – wie im Fall von Beck – aus der Verlinkung auf das zitierte Werk ergeben. Allerdings müsse die Nutzung den "anständigen Gepflogenheiten" entsprechen und durch den besonderen Zweck gerechtfertigt sein ... Bislang war in der deutschen Rechtsprechung anerkannt, dass es an der Gebotenheit der vergütungslosen Nutzung fehlt, wenn es dem Nutzer möglich und zumutbar ist, vor der Nutzung die Zustimmung des Rechtsinhabers einzuholen (so noch der BGH, Urt. v. 27.03.2012). Dieser Voraussetzung erteilte der EuGH aber eine Absage: Die Mitgliedstaaten dürften bei der Umsetzung einer Ausnahme wie der des § 50 UrhG eben jene nicht davon abhängig machen, dass der Urheber zuvor um seine Zustimmung gebeten wurde."

 

Nachtrag vom 20.12.: "Loriots berühmter Satz 'Früher war mehr Lametta' ist nicht vom Urheberrecht geschützt ... Die Erben des ... 2011 gestorbenen Vicco von Bülow scheiterten mit dem Versuch, einem Hersteller zu verbieten, den Satz auf T-Shirts zu drucken."

 

Nachtrag vom 9.9.2020: Die Fraktionen von FDP und Bündnis 90/Die Grünen sind am Mittwoch im Innenausschuss mit Vorlagen zur Informationsfreiheit gescheitert. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD votierte das Gremium gegen einen Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel "Urheberrecht nicht zur Einschränkung der Informationsfreiheit missbrauchen" (19/10076). Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, "es zu unterlassen, die Veröffentlichung beziehungsweise Verbreitung staatlicher Dokumente mit den Mitteln des Urheberrechts zu unterbinden". Dies umfasse Abmahnungen sowie die gerichtliche Geltendmachung des Urheberrechts bei Stellungnahmen, Gutachten oder sonstigen Papieren aus Ministerien oder den Ministerien unterstellten Bundesbehörden.


23.4.2019

Google und der deutsche Größenwahn

 

Kaum ist die EU-Urheberrechtsreform samt Leistungsschutzrecht (LSR) für Presseverleger durchgepresst, liest man jetzt: „Für die Nutzung von digitalen Presseerzeugnissen solle Google rückwirkend 1,24 Milliarden Euro zahlen.“ (!) Fordern tut das die Verwertungsgesellschaft VG Media, die nach Annahme der Reform von einem „guten Tag für die Freiheit und Demokratie in der Europäischen Union“ sprach – trotz massenhafter Proteste vornehmlich junger Leute auf den Straßen in ganz Europa. Zukünftig soll Google für die Textanreißer im Internet, die Leser erst auf die Seiten der Zeitungen führen und ihnen damit Klick-Erlebnisse bescheren, pauschale Lizenzsummen „zwischen 3,44 Milliarden (2019) und 8,5 Milliarden Euro (2024) pro Jahr“ bezahlen. Der Internet-riese hat sich noch nicht dazu geäußert. Die Analyse bei GoogleWatchBlog: „Vor wenigen Tagen wurde die EU-Urheberrechtsreform endgültig beschlossen und wird innerhalb der kommenden zwei Jahre von allen EU-Staaten in Gesetze gegossen werden. Darauf möchten die Verwertungs-gesellschaften, die der große Profiteur der gesamten Reform sind, aber nicht warten und haben Google gleich eine 9-stellige Rechnung in Milliardenhöhe gesendet. Je nach zukünftiger Auslegung der Gesetze ist Google News in Europa damit wohl endgültig Geschichte … Google wird keinen Cent für Überschriften zahlen.“ In Spanien wurde der Service „Google News“ (nicht die Google-Suche) tatsächlich 2014 eingestellt: als Konsequenz aus dem neuen Landes-Leistungsschutzrecht. 

 

Regierungsverantwortliche juckt das im glückseligen Einvernehmen mit den Presseverlegern, die sich erkenntlich bezüglich deren Renommee zeigen, nicht wirklich. Bundesjustizministerin und SPD-EU-Spitzenkandidatin Katarina Barley sagte gar kürzlich ins Mikro, man müsse „wohl darüber nachdenken, Google zu zerschlagen“. Man darf gespannt sein, wie Arnd Haller, der dienstälteste Jurist bei Google in Europa mit Sitz in Hamburg, daraufhin agieren wird. Ende März twitterte er: „Frage des Moderators an die 150 Juristen bei #akit19: Wer findet die UrhRReform im Kern richtig? Antwort: Niemand. Nicht ein Arm oben. Keiner. Auch kein Verlagsjuristenarm. #art13 #art11.“ Und Anfang April: „Arnd Haller hat Golem.de retweetet #golem beleuchtet kenntnisreich die zahlreichen #fakenews, Halbwahrheiten, Irreführungen, Verzerrungen und propagandistischen Beeinflussungen, die gezielt eingesetzt wurden, um ein #LSR einzuführen. Sehr lesenswert. Vor allem: bedenkenswert.“ An dieser Stelle gibt es ein super interessantes Interview mit ihm im Podcast.

 

Der „Fake-News-Algorithmus“ bei Youtube schlug übrigens bei der Live-Übertragung zum Brand der Notre Dame in Paris in den USA und in Südkorea dergestalt an, dass es sich dabei um eine „9-11-Verschwörungstheorie“ gehandelt habe, erfährt man in diesem Video. Das zeige nochmal die unpräzise Arbeit von Uploadfiltern auf, die nach der EU-Urheberrechtsreform gezwungenermaßen großflächig zum Einsatz kommen werden. Weiteres Beispiel aus der Praxis: „Kleiner Vorgeschmack auf die Uploadfilter der EU gefällig? Der Uploadfilter des Dokumentenportals Scribd hat nicht weniger als 32 verschiedene Ausfertigungen vom Mueller-Report nach dem Hochladen gelöscht. Der Algorithmus stufte das gemeinfreie Dokument jeweils als urheberrechtlich geschützt ein … Derartige Dokumente aus den USA sind aber allesamt gemeinfrei und unterliegen keinem Copyright.“ 

 

Nachtrag: Medienkrieg eröffnet? "Google weist Milliardenforderungen von Verlegern zurück ... spricht von 'haltlosen Gedankenspielen' ... Obwohl die einschlägige EU-Richtlinie noch nicht einmal im Amtsblatt veröffentlicht und noch lange nicht in nationales Recht umgesetzt sei, solle sie nun bereits angewandt werden, wunderte sich der EU-Abgeordnete Tiemo Wölken (SPD) über die Initiative der VG Media. Er sprach von einem 'interessanten Rechtsverständnis'. In Google-Unternehmenskreisen wird das hinter vorgehaltener Hand so gewertet, dass es der Verwertungsgesellschaft offenbar darum gehe, den Fall ad acta zu legen, bevor es zu einem möglicherweise negativen Urteil für die Verleger komme ... Die VG Media vertritt in dem Fall Verlage wie Axel Springer, Handelsblatt, Funke oder Dumont sowie diverse TV- und Radiosender ... Der Suchmaschinenbetreiber überlegt nun nach Informationen von heise online auch angesichts der Anschuldigungen der VG Media, sich nicht 'rechtskonform' zu verhalten, den Verlegern eine Art Gegenrechnung zu schicken. Diese sollen Hunderte Millionen Klicks über die Suchmaschine erhalten haben, die frei monetarisierbar gewesen seien."

 

Nachtrag vom 25.4.: Tja, da haben einige Zeitungen wohl ein paar Tage gebraucht, um zu verdauen, dass Google nicht einfach so springt, wie VG Media will. Leser dazu: "Mit Verlaub, wenn ich hier mal schreiben darf, was ich spontan dachte: VG Media hat nicht alle Tassen im Schrank." - "An der Stelle von Google würde ich alle von der VG Media repräsentierten Medien aus dem Index werfen und nur gegen Zahlung einer Gebühr in Höhe vom 10% vom Umsatz und Verzicht auf Forderung einer Gegenleistung wieder aufnehmen." - "VG Media hat die Welt nicht verstanden - Von wegen, Google schadet den Verlegern! Das Gegenteil des Vorwurfs ist der Fall: Google hilft, deren Inhalte zu verbreiten!" Die vorgeblich kapitalismuskritische taz übrigens jammert: "Google lässt Verlage auflaufen." Nachtrag vom Juni 2020: "Google zahlt Verlagen erstmals Lizenzgebühren für Inhalte - Bislang hat sich Google trotz Leistungsschutzrecht stets geweigert, Verlagen Geld für die Nutzung respektive Verlinkung ihrer Inhalte zu zahlen. Für ein 'neues Nachrichtenformat' wird man von einigen Verlagen nun aber erstmals Inhalte lizenzieren ... Hierzulande sind die 'FAZ', der 'Spiegel', die 'Zeit', die 'Rheinische Post' und der 'Tagesspiegel' an Bord." Politische Einseitigkeit festgeklopft.

 

Nachtrag vom 26.9.: "Der Suchmaschinenkonzern Google ändert die Standardanzeige von Suchergebnissen europäischer Medien in Frankreich. Um mehr als die Überschrift anzeigen zu lassen, müssen Webseiten die Meta-Tags für Suchmaschinen ändern. Lizenzgebühren will der Konzern trotz Leistungsschutzrecht nicht zahlen." Der Google-Vizepräsident: "Wir verkaufen Anzeigen, keine Suchergebnisse, und jede Anzeige auf Google ist klar gekennzeichnet. Das ist auch der Grund, warum wir keine Verlage dafür bezahlen, wenn Nutzer auf deren Links in den Suchergebnissen klicken." Die neue Regelung gelte zunächst nur in Frankreich, "da nur dort die im Juni 2019 in Kraft getretene EU-Urheberrechtsrichtlinie schon umgesetzt wurde. Es ist jedoch davon auszugehen, dass Google auch in anderen EU-Ländern so vorgehen wird."


21.3.2019

Wo bleibt die Studie zum Studienvertrauen?

 

Forschungsergebnisse der Welle 2018 im Rahmen der „Langzeitstudie Medienvertrauen“ (Uni Mainz) befördern zutage: „44 Prozent der Deutschen vertrauen etablierten Medien in wichtigen Fragen – der höchste bisher gemessene Wert. 22 Prozent äußern grundsätzliches Misstrauen.“ Zum Befund 2 liest man: „Jeder vierte Bürger in Deutschland hält die Medien nicht für vertrauenswürdig und wirft ihnen gezielte Manipulation vor.“ 25 Prozent der Bevölkerung meinen: „Die Medien arbeiten mit der Politik Hand in Hand, um die Meinung der Bevölkerung zu manipulieren.“ Den Vorwurf, Medien belügen die Bevölkerung systematisch, teilen aktuell 16 Prozent. Befund 3 ergibt: Immer mehr Deutsche, 2018 nämlich 27 Prozent, sehen sich von etablierten Nachrichtenmedien nicht gut repräsentiert. „Von 36 auf 43 Prozent gestiegen ist auch die Wahrnehmung, dass die Medien die gesellschaftlichen Zustände ganz anders darstellen, als es die Bürger in ihrem eigenen Umfeld wahrnehmen.“ Beim Befund 6 wird bezüglich der Themen differenziert: Zwar vertrauen 44 Prozent der Deutschen etablierten Medien bei wichtigen Fragen. „Dagegen stimmen nur 20 bis 25 Prozent den Aussagen zu, dass die Berichterstattung der Medien über den Islam und über die Kriminalität von Flüchtlingen vertrauenswürdig ist.“ Misstrauisch macht die Art der Präsentation. So formuliert die Uni Mainz zum Beispiel: „Die ‚Lügenpresse‘-Debatte hinterlässt Spuren: Pauschale Kritik und Polemik haben sich in den vergangenen Jahren verfestigt.“ Damit wird pauschal unterstellt, die Bürger seien zu ihrer Einstellung nur wegen der „Lügenpresse-Debatte“ gekommen und nicht, unabhängig davon, aufgrund eigenständiger Analyse dessen, was ihnen vorgesetzt wird. Eigentlich unverschämt. Ressourcenorientiert ist davon auszugehen, dass etliche Bürger in Sachen Meinungs-bildung mehr unabhängige Reife an den Tag legen, als die „Forscher“ selbst. Eine Studie dazu steht aus. Ebenso dazu, inwiefern das ständige undifferenzierte Herumsticheln etablierter Medien an der Seriosität von Online-Medien via unterstellter, selten belegter Fake News „viele Menschen nachhaltig vorsichtig und misstrauisch gegenüber Online-Nachrichten“ hat werden lassen. 

 

Nachtrag vom 8.8.: Studie untersucht Einfluss der Anwaltsarbeit auf die Arbeit von Journalisten. "Presserechtsanwälte versuchen verstärkt, eine von ihren Mandanten unerwünschte Berichter-stattung schon im Vorfeld zu beeinflussen ... Es geht um Deutungshoheit, vor allem im Netz." Die Anwälte wollen nicht verhindern, dass die Geschichte erzählt wird, sondern wie sie erzählt wird.  


12.3.2019

Entsetzte ARD-Zuschauer

 

„Ich schäme mich für die ARD!“ – nur eines der entsetzten Statements zum Tatort am Sonntag, der Sexszenen eines Älteren mit einer Minderjährigen und den Mord an einem Hund besonders eindrücklich zeigte. „Auf Twitter laufen die Zuschauer wegen der Szenen Sturm.“ Fakt ist auch:  Filme werden stets mit Blick auf bestimmte Zielgruppen produziert. Die schon länger hier lebende Mehrheitsgesellschaft ist das offenbar nicht – sofern sie sich neuen Vorlieben nicht anpasst.


15.1.2019

Medienpolitischer Neujahrsgruß

 

Im Neujahrsgruß des BDZV-Präsidenten Dr. Mathias Döpfner findet sich löblicherweise einige Selbstkritik. Das wird auch Zeit. Eine Studie stellte schon vor sechs Jahren fest: „Deutschlands Medienmacher sind im internationalen Vergleich Schlusslicht in Sachen Kritikkultur.“ Auslöser von Döpfners Reflexion ist: „Relotius ist ein Produkt unserer Branche. Er hat die Anleitung für Journalismus, mit dem man spielend Preise gewinnt, gelehrt, vorgelebt bekommen.“ Nötig sei jetzt eine Lektion in Demut. „Wir müssen ablegen, was die Branche lähmt: Selbstzufriedenheit, Besserwisserei, Nachgiebigkeit mit politisch Gleichgesinnten, unfaire Kritik gegenüber jenen, die anders denken als man selbst; Auszeichnungen, wenn überhaupt, dann für echte Rechercheleistungen. Nicht für schön gedrechselte Sätze, deren Wahrheitsgehalt zweifelhaft ist.“ Schade, dass der Neujahrsgruß nicht an dieser Stelle, nach dem dritten Absatz, einfach endet.  


4.1.2019

Die begrenzte Süddeutsche

 

Einen längeren, betont sachlich gehaltenen Beitrag zum Thema „Straffällige Asylbewerber – Wer wann gehen muss“ zu bringen, ohne Artikel 33 Absatz 2 der Genfer Flüchtlingskonvention zu erwähnen, ist für eine große Zeitung wie die Süddeutsche wieder mal eine defigurierte Fehlleistung. Die stets vor sich her getragene Weltläufigkeit endet regelmäßig schon dort, wo einzelne Reglungen in internationalen Abkommen nicht in das begrenzte Denkschema hineinpassen. Leute zu diffamieren, die trotzdem darauf hinweisen, bezeugt die Schäbigkeit solcher Charaktere. Boris Palmer zum Beispiel wehrt sich an dieser Stelle gegen unsachliche Anwürfe.


3.1.2019

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Kurz,

 

die deutsche Tagesschau hat gerade eine „Analyse“ veröffentlicht, in der es heißt, Sie seien als „Brückenbauer“ im Rahmen des EU-Ratsvorsitzes „grandios gescheitert“ – „wohl auch aus innenpolitischem Kalkül“. Als Begründung wird angeführt: Die Finanztransaktionssteuer, die Digitalsteuer und der nächste EU-Haushalt seien auf unbestimmte Zeit vertagt. Auch in der Flüchtlings- und Asylpolitik hätten Sie „nicht sonderlich viel zustande gebracht“: Die Idee mit den „Ausschiffungsplattformen in Nordafrika, in die Bootsflüchtlinge aus dem Mittelmeer gebracht werden sollten“, sei „stillschweigend begraben“ worden. Und die Aufstockung der Grenzschutzagentur Frontex auf 10.000 Mann trete auf der Stelle – „zu viel ist unklar“. Weiter: „Der Tiefpunkt der österreichischen Ratspräsidentschaft war der Ausstieg aus dem Migrationspakt der Vereinten Nationen - auf Druck der rechtsgerichteten FPÖ. Damit hat nämlich ausgerechnet der amtierende europäische Klassensprecher die EU zerlegt, in vielen Ländern für hitzige Diskussionen gesorgt und letztendlich die Regierung in Belgien gesprengt - und das alles wegen eines innenpoliti-schen Manövers. Sebastian Kurz wollte ‚Ein Europa, das schützt‘. ‚Ein Europa, das dicht macht‘, wäre als Motto ehrlicher gewesen. Die EU bleibt jedenfalls in der Migrationspolitik auch nach der österreichischen Ratspräsidentschaft tief gespalten. Und eine Brücke ist nirgendwo in Sicht.“  

 

Es interessiert mich, was in unserem Nachbarland und in der EU tatsächlich vorgeht. Daher wäre es hilfreich für mich, auch Ihre Sicht auf die Dinge zu erfahren: Aus welchem „innenpolitischem Manöver“ heraus haben Sie agiert? Was sind die Folgen davon, dass der „nächste EU-Haushalt auf unbestimmte Zeit vertagt“ ist und warum wurde er vertagt? Weshalb haben Sie die „Ausschiffungsplattformen“ für Nordafrika „stillschweigend begraben“? Was genau ist „unklar“ bei der Aufstockung von Frontex? Sind Sie nur auf „Druck der FPÖ“ aus dem UN-Migrationspakt ausgestiegen? Was halten Sie von dem Vorwurf an Sie, damit „die EU zerlegt“ und „die Regierung in Belgien gesprengt“ zu haben? Warum haben Sie nicht das Motto „Ein Europa, das dicht macht“ gewählt? Und ist eine Brücke wirklich „nirgendwo in Sicht“? Ich wäre sehr dankbar für diese Erläuterungen von Ihnen bzw. von Ihrem Team. 

5.1.2019

Antwort

 

Sehr geehrte Frau Baumstark, danke für Ihre Nachricht. Wir senden Ihnen gerne den Link zur Homepage www.eu2018.at, in dem Sie die Sicht der österreichischen Bundesregierung auf das Halbjahr unserer EU-Präsidentschaft auch in Form einer Bilanz und natürlich viel weitere öffentliche Informationen finden, die Sie gerne auch nützen können. Mit freundlichen Grüßen, Ihr Team Kurz