19.11.2019

Flickschusterei an Schulen

 

„Elternvertreter wollen gegen den Unterrichtsausfall an Gymnasien in Baden-Württemberg klagen“, heißt es jetzt überall. Die Ausfälle hätten „ein unzumutbares Ausmaß angenommen“. Dass auch im Südwesten des Landes der Abzug von Gymnasiallehrern für Grundschulen eine Rolle spielt, ist anzunehmen. Es sei in diesem Kontext nochmal an die deftige Pressemitteilung der Niedersächsischen Direktorenvereinigung aus 2017 erinnert: „Viele Schulen stehen vor erheblichen Defiziten bei der Unterrichtsversorgung.“ Einstellungsermächtigungen zog man kurzfristig zurück, „um so besondere soziale Projekte (‚Helfende Hände‘ z.B.) zu finanzieren“. „Eklatante Mängel“ bestünden auch an Grundschulen. „Ihnen fehlen nahezu 10.000 Stunden an der durch Erlass vorgegebenen Versorgung von 100%.“  Daher veranlasste die Ministerin – sogar noch einen Tag vor Beginn des neuen Schuljahrs – Abordnungen von Gymnasiallehrkräften an Grundschulen. „Überdies spielt bei solchen kürzestfristigen Notprogrammen die Frage nach pädagogischen und didaktischen Aspekten von Unterrichtsqualität offenbar keine Rolle mehr.“

 

Nachtrag vom 24.11.: "Bayern steigt aus Nationalem Bildungsrat aus - Baden-Württemberg zieht nach ... 'Wir befürchten dadurch eine massive Verschlechterung des Bildungssystems in Bayern'."

 

Nachtrag vom 29.12.: "Bildungsmisere: Der Verrat an unseren Kindern hat lebenslange Folgen. Bildungspolitiker reformieren ständig die Schulen und Ausbildungsstätten der 10 bis 18-jährigen Kinder und Jugendlichen. Mit immer neuen Ideen versucht man die Probleme dieser Altersgruppe zu lösen. Die Auslöser der Schwierigkeiten werden aber zwischen 0 und 10 Jahren geschaffen. Doch in den ersten Jahren dominiert die fatale Parole 'Lasst die Kleinen doch spielen'!" Ungenutzte Chancen

 

Nachtrag vom 28.7.2021: "700 Lehrer werfen hin :Neue Kündigungswelle an Berliner Schulen verschärft Personalnot - Der Lehrermangel wird immer dramatischer. Quereinsteiger können die Lücken nicht schließen – und die Bildungsverwaltung windet sich um Antworten."


5.11.2019

„Erbärmliche“ Notaufnahmen

 

Erstaunlich, dass man das so offen lesen kann: „Wir sind heute noch nicht einmal in der Lage, einen Norovirus unter Kontrolle zu bekommen.“ Gefallen ist der Satz Ende Oktober bei einem wissenschaftlichen Symposium zur „Notsituation in den Notaufnahmen deutscher Krankenhäuser“. Es herrschten „erbärmliche“ Zustände. Eine große Grippewelle etwa werde zu „einer Handlungsunfähigkeit“ in den Notaufnahmen führen. „Für ein Land wie Deutschland seien solche Zustände unwürdig.“ Die meisten Ärzte wollen sich die Arbeit dort nicht mehr antun. Es gibt in Notaufnahmen keinen Facharztstandard mehr, etliche Stellen im pflegerischen Dienst sind unbesetzt. Das Bundesgesundheitsministerium wolle noch dieses Jahr einen „überarbeiteten Entwurf“ präsentieren, der die Zusammenführung der ambulanten, stationären und rettungsdienstlichen Notfallversorgung vorsieht. Man darf gespannt sein, ob darin auch das neuerdings notwendige Stellenpool für Security-Fachkräfte (rund um die Uhr) mitgedacht ist. 

 

Nachtrag vom 25.11.: "Clan-Einsatz für die Polizei in der Uniklinik Düsseldorf. Laut Bild-Informationen stürmte ... eine Gruppe von etwa 15 Personen die Notaufnahme der Uniklinik. 'Sie hielten sich an keine Regeln, gingen in den verschlossenen Behandlungsbereich und nahmen auf niemanden Rücksicht. Bei den Krankenschwestern und Ärzten war deutliche Angst erkennbar'." Siehe auch: "Männer niedergestochen – Angehörige stürmen Rettungsstelle" und die Antwort der Bundesregierung "Gewalt gegen medizinisches Personal".

 

Nachtrag vom 11.12.: Drei betrunkene Georgier fuhren nachts mit dem Taxi zu den Helios-Kliniken in Schwerin. „Dort polterten sie in die Notaufnahme, forderten bei der Anmeldung laut-stark die sofortige Behandlung“ – einer wegen seiner Drogenprobleme, dem anderen tue sein Geschlechtsteil weh, „weil er so viel Sex haben müsste“. „Es kam zum Wortgefecht mit dem Sicherheitsdienst, dann zu einer Schlägerei. Dabei wurde ein Wachmann im Gesicht verletzt und eine Treppe hinuntergestoßen. Die laut Polizei ‚äußerst aggressiven Personen‘ verschafften sich gewaltsamen Zutritt zu den Behandlungsräumen.“ Beamte brachten Patienten und Personal in Sicherheit. „Ein wartender Patient und zweiter Wachmann erlitten Schwächeanfälle.“


31.10.2019

Smart Cities

 

Der 31. Oktober ist auch der „Welttag der Städte“ – diesjähriger Schwerpunkt ist das Konzept der „Smart Cities“. Bei der Umsetzung tun sich bisher überwiegend Großbritannien, Spanien und Italien hervor. Eine Smart City stellt man sich vor als eine auf Effizienz, intelligente Vernetzung und digitale Kommunikation optimierte Stadt, die gleichzeitig das Vertrauen der Bevölkerung in den öffentlichen Sektor steigern will. Wozu? Das ist formuliert in der Frage „Wohin mit den vielen Menschen?“, wenn die prognostizierten zwei Drittel der Weltbevölkerung im Jahr 2050 in Großstädten leben. In diesem Erklärvideo kommen platzsparende Vorschläge wie etwa die Verlegung von Fabriken ins Unterirdische oder, den Verkehr betreffend, den Ausbau von mehreren Fahrbahnen übereinander zur Sprache. Autos würden dann nicht nur neben-, sondern auch über- und untereinander fahren. In Dubai gibt es bereits ein fliegendes Taxi. Wer sich weiter damit befassen will: Hier gibt es noch ein Video mit lebensnäheren Eindrücken aus dem spanischen Valencia. Die HTW Dresden hat „Beispiele zur digitalen Transformation der Städte“ ins Netz gestellt und die „Smart City Charta“ der Bundesregierung steht auf dieser Seite.

 

Nachtrag vom 23.11.: Siehe auch die Antwort der Bundesregierung: "...Digitale Stadtentwicklung und Förderung von Smart Cities"

 

Nachtrag vom 14.1.2020: "97 Städte, Kreise, Gemeinden und interkommunale Kooperationen haben sich nach Angaben der Bundesregierung für eine Förderung der Modellprojekte Smart Cities, mit denen neue Möglichkeiten und Herausforderungen für die Stadtentwicklung durch Digitalisierung ausgelotet werden sollen, beworben."


28.10.2019

Sprachlos in der VHS

 

Volkshochschule (VHS) im ausgehenden Jahr 2019: Ich will mein Italienisch verbessern und melde mich für einen Kurs an. Mit dreister Politisierung selbst in einem Sprachkurs rechne ich bereits. Es kommt noch schlimmer. Der Italiener teilt einen italienischsprachigen Text der Süddeutschen Zeitung aus zum Thema: „Jeder vierte Deutsche denkt antisemitisch.“ Wir sollen darüber diskutieren, er verlässt kurzzeitig den Raum. Meine Nachbarin raunt mir nach meinem Einwand zu, sie mache diesen Kurs – wie weitere Teilnehmer auch – jedes Jahr, sie hätten dem Dozenten oft gesagt, sie wollen diese politischen Inhalte nicht, er halte sich aber nicht daran und rede auch überwiegend selbst, die Kursteilnehmer kämen nicht ausreichend zu Wort. Sie komme aber trotzdem, weil sie Kontakt und Gemeinschaft sucht. Der Dozent ist wieder da und ich schlage vor, auch mal die netten Kurzgeschichten über Signor Veneranda als Lernmaterial hinzuzuziehen. Das sei aber doch ironisch, so der Dozent, später vielleicht, wir hätten uns aber besser mit aktuellen Geschehnissen zu beschäftigen. Überhaupt habe er kein Problem damit, über Faschismus oder Mussolini zu sprechen, er sei nämlich Antifaschist. Meinen Einwand, dass Antisemitismus häufig gerade aus linken Gruppen kommt, findet er interessant. Ein anderer pflichtet mir bei. Man müsse aber, so insgesamt mehrfach der Italiener, unterscheiden zwischen Antizionismus und Judenhass. Ansonsten stellt er ja immer nur Fragen. Zum Beispiel, was es denn mit den erfolgreichen Bankgeschäften von Juden auf sich hat. Haben Juden zu viel Macht? Bezogen auf den Judaskuss: War das nicht Verrat schlechthin? Und dann, in ganz unverblümter Offenheit die Frage an die Gruppe: Sind Juden eine Rasse? Mir hat es inzwischen, schon bevor der eine und andere aus der Gruppe tatsächlich darauf eingeht, die Sprache verschlagen und den Magen verdorben. Ich höre noch was von „weißer Hautfarbe“ und dem Schwenk auf eine generalisierte Religionsfeindlichkeit, dann verlasse ich den Raum, nach geschlagenen 50 Minuten. Aus konkretem Grund werde ich in dieser Angelegenheit nichts weiter unternehmen können, als mich von diesem schockierenden Erlebnis zu erholen. Was ich machen kann: Fälle, in denen bei einem VHS-Kurs sachfremd oder unbotmäßig politisiert wird, zu sammeln und gegebenenfalls gebündelt zu veröffentlichen. Kontakt: baumstark@luftwurzel.net.   

    

Aktuell zum Antisemitismus siehe auch: Rüge der Vereinten Nationen für den Bundestag wegen eines Antrags zum Antisemitismus; antisemitische Stereotype in deutschen Schulbüchern; Belgien: Wieder antisemitische Figuren am Karnevalsumzug in Aalst geplant.


30.9.2019

Alte ohne Lobby

 

Tja, wenn man die TV-Berichterstattung in Italien verfolgt, dann kommt das einem vom Klima-Hype bis hin zur Konstruktion rechter Feindbilder schon bekannt vor. Allein, dass es dort noch etwas paritätischer zugeht, alle Seiten zumindest zu Wort gelassen werden und Ex-Innenminister Matteo Salvini zwar kritisiert, aber nicht als ein derart aussätziges A…….. dargestellt wird, wie es in den hiesigen Medien der Fall ist, die damit die Bevölkerung zur Radikalisierung anstacheln. Der journalistische Drang zur politischen Einseitigkeit mitsamt seiner Aufdringlichkeit ist aber auch dort unübersehbar. Das Weltgeschehen ist inzwischen ein reines Medienprodukt – mit fragwürdiger Prioritätensetzung. So wäre etwa der jahrzehntelang gärende Pflegenotstand mit einem Schlag gelöst, wenn es ein ebenso medial begleitetes „Fridays for Pflegebedürftige“ gegeben hätte; analog zum Klimaschutzpaket mit der politischen Entscheidung, erst mal mehr als 50 Milliarden Euro bis 2023 dafür zu investieren – anstatt den Bürgern immer noch horrendere Beiträge abzuverlangen. Zu erwarten sind aber weder ähnlich massenhafte Aufläufe auf den Straßen noch eine entsprechende Fokussierung der Medien, solange das nicht ausgewiesenes Interesse der Bundeskanzlerin ist. Man stellt gerade anhand des Themas Pflege fest, wie Politiker tatsächlich charakterlich aufgestellt sind. Wer sich nämlich stets nur dann mit dem Eintreten für Personengruppen hochmoralisch brüstet, wenn ein Gewinn in Form von Wählerstimmen oder von Zuspruch seitens mächtiger linker Seilschaften winkt, der wird sich wohl angesichts alter, verwirrter Menschen die Frage längst beantwortet haben, was er davon hat, sich hier zu engagieren. Im Zuge der Debatte um die Sterbehilfe, selbst im katholisch geprägten Italien, ist ohnehin nicht auszuschließen, dass eine alternative Lösung des Pflegenotstands längst in der gedanklichen Schublade liegt. Allem politmedialen Gerede der Menschenwürde zum Hohn.

 

Siehe auch: "Der Pflegenotstand wird unerträglich..." Der Steuerzahler soll's richten.

 

Nachtrag vom 1.10.: "Eine Pflegerin spritzte einem Krebspatienten kurz vor dessen Tod eine Überdosis Morphin – entgegen der ärztlichen Verordnung. Das Landgericht verurteilte sie deshalb wegen Körperverletzung, doch der BGH (Anm.: Bundesgerichtshof) äußert Zweifel." Außerdem interessant zu wissen: "Prognosen deuten einen Anstieg der Gruppe der über 65- Jährigen mit Migrationshintergrund bis zum Jahr 2030 auf 2,8 Mio. hin. Die 2010 durchgeführte Studie im Auftrag des BMG zu den 'Wirkungen des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes' zeigt, dass pflegebedürftige Migranten im Durchschnitt knapp 10 Jahre jünger als pflegebedürftige Nicht-Migranten sind" - wegen schlechterer Arbeitsbedingungen, geringerer Inanspruchnahme von Präventionsangeboten oder häufig schwierigerer Lebensbedingungen.


19.7.2019

Aggressive Buchungsportale

 

Die politische Elite kommt ja ständig mit der Warnung vor der Marktmacht von Google um die Ecke. Die Serviceleistungen des Unternehmens wissen vor allem auch seriöse, ins Netz geflüchtete Journalisten als alternative Nachrichtenquelle zu schätzen. Ganz devot hingegen gibt man sich gegenüber dominierenden Buchungsportalen. Allen voran Booking.com, das seine hochaggressive Werbung täglich zu steigern scheint und sich inzwischen auch auf geöffnete Internetseiten drauf setzt, sofern man die Unternehmensadresse nicht konkret im Browser blockiert. Für Hoteliers weitet sich die quasi und praktisch totale Abhängigkeit von den mächtigen Buchungsportalen zunehmend zum Alptraum aus. „Unehrenhafte“ Provisionen werden steigernd unverschämt verlangt, eigene Preisgestaltung ist ohnehin schon längst nicht mehr drin. Die Politik aber „wird sich nicht mit Internet-Unternehmen anlegen“, schätzte diesbezüglich die Welt schon vor einiger Zeit ein: obwohl „Knebelverträge“ dem Bundeskartellamt aufgefallen sind. Die Wortwahl einer entsprechenden Gerichtsentscheidung zugunsten von Booking.com ist bemerkenswert: Das Portal dürfe ein „illoyales Umlenken von Kundenbuchungen“ verhindern. Das Ganze scheint ein abgründiges Fass zu sein.

 

Nachtrag vom 9.12.: "Das Landgericht Hamburg hat entschieden, dass Buchungsportale die Kriterien offenlegen müssen, nach denen sie Treffer bei der Hotelsuche sortieren."

 

Nachtrag vom 5.6.2021: "Reiseanbieter Booking zahlt nach Kritik an Manager-Vergütungen Corona-Hilfen zurück - Booking hat seine Vorstände trotz Verlusten mit Millionen-Beträgen entlohnt. Jetzt gibt das Unternehmen 110 Millionen Dollar zurück ... Politiker in Den Haag hatten kritisiert, dass Booking-Chef Glenn Fogel 2020 mit 7,1 Millionen Dollar und Finanzchef David Goulden mit 24 Millionen Dollar entlohnt wurden." Solche Zahlungen seien branchenüblich. Außerdem"BGH kippt 'enge Bestpreisklausel' – Schwerer Schlag für Geschäftsmodell von Booking.com - Vertragshotels dürfen künftig Übernachtungen günstiger anbieten als auf Booking.com angegeben."

 

Nachtrag vom 12.6.2021: "Booking.com hat in Italien offenbar mit einem einfachen Trick über 150 Millionen Euro Steuern hinterzogen. Die Ermittlungen begannen bereits im Jahr 2018..."

 

Nachtrag vom 10.8.2021: "Überlebenskampf nach Corona - Französische Hotels tricksen Plattformen aus ... Über 300 kleinere französische Hotels haben sich gegen die großen Buchungsplattformen verbündet, von denen sie sich in der Corona-Krise ungenügend unterstützt sehen. Unter dem Motto "Ich wähle Frankreich" (#JechoisislaFrance) rufen die Hotels, die sich zum Verband "Contact Hôtels" zusammengeschlossen haben, zu Buchungen bei den Hotels direkt statt über die großen Plattformen auf. Und das soll sich für die Touristen lohnen. Versprochen werden Tarife, die unter denen auf den Buchungsplattformen liegen, sowie weitere Vergünstigungen ... Im Mittelpunkt der Kritik der unabhängigen Hoteliers stehen die Kommissionen zwischen 15 und 25 Prozent des Buchungspreises, den die Plattformen kassieren, die den Hotels oftmals aber auch viel Umsatz sichern. Die Plattformen waren laut der Initiatoren des Protests auch in der Krise unter Missachtung der Notlage nicht bereit, die Kommissionen zu senken. Diese Geschäftspraxis bedrohe die Existenz vieler Hotels, hieß es."


15.6.2019

Kreative Mobilität

 

Heute tritt die E-Scooter-Verordnung in Kraft. Eine Erläuterung dazu bietet Computerbild, Fragen beantwortet das Bundesverkehrsministerium. Die Nachfrage nach alternativer Mobilität ist besonders in den letzten Monaten rasant gestiegen. Die Vorteile der kreativen, teils herzallerliebsten Elektrokleinstmobile wussten bislang vor allem behinderte und ältere Menschen zu schätzen. Der Markt öffnet sich nun auch für alle, die aus verschiedenen Gründen kein Auto fahren dürfen oder wollen. Nicht zuletzt laut Bosch wird die Mobilität der Zukunft von Elektro-Kleinfahrzeugen geprägt. Die diversen Flitzer wie elektrische Einräder oder Elektro-Rollschuhe beeindrucken und verängstigen gleichermaßen. Die Sorge um Chaos auf Straßen und Wegen liegt nahe, da Verkehrsbauten bisher weit überwiegend nur Autofahrer berücksichtigten. Die Zahl der Zusammenschlüsse wie „Changing Cities“ wird sicherlich steigen. Es steht eine aufregende Auseinandersetzung um die Beanspruchung des öffentlichen Raumes bevor.

 

Nachtrag vom 3.8.: Wegen Undiszipliniertheit etlicher E-Tretroller-Fahrer, die unter anderen Blinde und Senioren gefährden, fordern Behindertenvereine verpflichtende Kurse für die Fahrer. "Im Prinzip muss auch der öffentliche Raum komplett neu eingeteilt werden. Wir haben jetzt eine neue Gruppe von Menschen, die im Verkehr unterwegs ist." Da müsse man klären, wie man diese Gruppe einbinden könne. Auch die Altersgrenze sei mit 14 Jahren zu niedrig angesetzt. Kontrolle und Strafmaß für Missachtung der Regelungen müsse deutlich höher sein. Ein Leserkommentar dazu: "Die Roller sind toll, das Problem sind manche Menschen darauf..." Siehe auch: Städtetag


30.1.2019

Das Beste nur für die Fernsten

 

Wie das Diskriminierungsverbot in Artikel 2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, nämlich Ansprüche insbesondere ohne Ansehung etwa von nationaler Herkunft zu achten, wie selbstverständlich weiter ausgehöhlt wird, zeigt gerade eindrücklich ein Bericht über die „Winter-Flüchtlinge vom Balkan“: „2.700 Menschen kamen in den vergangenen Wochen nach Köln. Alle sind unerlaubt eingereist – aus den Balkanstaaten Albanien, Mazedonien und Serbien. Meist sind es bis zu 100 Personen am Tag!“ Nicht zuletzt betreffend Unterkünfte sei Kölns „Notfallreserve“ für „Flüchtlinge aus Krisengebieten“ nun aufgebraucht. Man habe einen „hohen finanziellen Aufwand für Personal, Verpflegung, Instandhaltung“. Und „jetzt auch noch die Notfallhallen zu betreiben“, sei „für die Stadt enorm und geht in die Zehntausende“. „Allein schon von der Grundreinigung über die Möbel bis hin zum mehrmaligen Streichen der Wände.“ Die „Winter-Welle aus dem Balkan“ komme regelmäßig, doch nie so stark wie jetzt. „Damit Köln nicht alleine diese Aufgabe schultern muss, sollen die unerlaubt eingereisten Personen auf andere Städte verteilt werden. Die Stadtverwaltung und die Bezirksregierung stehen miteinander im Austausch, um das rechtlich festgelegte Verfahren in der Umsetzung weiter zu optimieren. (?) Und: Das Amt für Wohnungswesen rechnet 2019 mit der Bereitstellung von mehr als 2.000 neuen Plätzen – von Containern bis zu festen Wohnungen.“

 

Als was „Besonderes“ wird dem Leser untergejubelt: „Köln ist verpflichtet, Menschen aus Südost-europa aufzunehmen, um ihre Obdachlosigkeit zu verhindern. ‚Da Obdachlosigkeit eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt‘, so ein Verantwortlicher der Stadt.“ Das vorgeblich Besondere ist die Regel, wie der Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung aufklärt: „Die Bekämpfung der unfreiwilligen Obdachlosigkeit ist eine staatliche Aufgabe, weil sie nach h.M. als eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung angesehen wird. Zuständig sind hierfür die Städte und Gemeinden als kommunale Ordnungsbehörden.“ Wie es sich juristisch mit der Aufnahme-Verpflichtung von Personen verhält, die trotz fester Unterkunft im (kriegsbefreiten) Heimatland zeitweise freiwillig oder unter subjektiv empfundener Notlage Obdachlosigkeit provo-zieren, kann hier nicht erörtert werden. Jedenfalls ist „das Pikante“: „Die Personen beantragen kein Asyl, sondern reisen im Frühjahr wieder in die Heimatländer zurück.“ Ein Insider: „Die Leute freuen sich, dass sie im Gegensatz zu ihrer Heimat über die Wintermonate ein warmes, sauberes Heim, gute Verpflegung und medizinische Versorgung haben. Für sie ist das quasi wie ein traumhafter Urlaub. Deswegen kommen viele jedes Jahr mit ihrer Familie nach Köln. Sie mögen es hier.“  

 

Das glaubt man gern. Die soziale Betreuung – inklusive Schlichtung unter verfeindeten Albanern und Serben – gewährleistet das Deutsche Rote Kreuz sowie der Soziale Dienst des Amts für Wohnungswesen. Die medizinische Versorgung übernimmt das Gesundheitsamt. Ein warmes, sauberes Heim und gute Verpflegung würden wohl auch die in Köln über 6.000 wohnungslosen Menschen mögen. „Immer mehr Frauen leben auf der Straße“, heißt es dort, für Studierende ist die „Wohnungsnot eine Katastrophe“, las man schon letztes Jahr, Familien wie Singles finden kaum noch bezahlbaren Wohnraum in der Stadt. Für die ansässigen Bürger werden hingegen nicht aktiv und unkompliziert 2.000 neue Plätze bereitgestellt. Hierfür hat ein „Kölner Wohnbündnis“ schon vor über einem Jahr versprochen, die Wohnungsnot zu beheben. Präventiv aber warnte Oberbürgermeisterin Henriette Reker „vor übertriebenem Optimismus“: Die angestrebten 6.000 Wohnungen werde man „nicht von heute auf morgen erreichen“. Es müsse nämlich auch Quartierentwicklung, Stadtplanung, Verkehr und Klimaschutz berücksichtigt werden. Das kann dauern, das Zeitpolster ist mit dieser Argumentation beliebig dehnbar. Ein Rat für die einheimischen Wohnungsnotfälle: Bewerben Sie sich beim Deutschen Roten Kreuz. Das baut jetzt in Köln Betriebswohnungen mit Mietpreisen deutlich unterhalb der marktüblichen Preise. „Im Gegenzug dafür bekommt das DRK ortsnahes Personal.“ Das System stellt sich auf.


22.1.2019

Grenzenlos angepasste Lehrer

 

Alles bizarr, wohin man nur schaut: „Den Begriff ‚dividieren‘ versteht kaum noch ein Schüler“, schreibt die Welt, denn die Hälfte der Hamburger Schüler hat Migrationshintergrund. Eine Schul-leiterin bestätigt: „‘Früher hätten wir im Mathematikunterricht einfach gesagt: Wir dividieren.‘ Das gehe heute nicht mehr.“ Die Pädagogen bestehen nicht darauf, dass die Schüler die Begriffe pauken; sie lassen sich selbst fortbilden mit folgendem Ergebnis: „Nun versuchen die Lehrer zu umschreiben, was gemeint ist, dazu gibt es ein Fachwörterbuch zur Unterstützung. Manche Schulen arbeiten mit Symbolen, ein blauer Punkt steht für den männlichen Artikel ‚der‘ – also klebt auch am Tisch des Schülers oder am Stufenbarren in der Turnhalle ein blauer Punkt. Für Textaufgaben gibt es einen Fächer mit einzelnen Blättern, der mit Stichwörtern und Zeichnungen arbeitet.“ Die Methode „Zeigen statt sprechen“ setzt sich im Übrigen auch außerschulisch durch. Siehe dazu den gleichnamigen Beitrag vom 20.2.2018 auf dieser Seite. Back to medieval!

 

Nachtrag vom 31.1.: "Erfolg für die Grünen in Hessen: Schulen müssen künftig keine Noten mehr vergeben ... Die Neuregelung gilt dann aber offenbar nur für jene Jahrgangsstufen, bei denen kein Wechsel auf eine weiterführende Schule ansteht, also für etwa 500 Schulen. Einige Gesamtschulen arbeiten bereits ohne Benotungen."

 

Nachtrag vom 14.5.: "Schüler einer Dortmunder Schule haben einen Lehrer in einen Hinterhalt gelockt, um ihn zu töten. Den Mann rettete offenbar sein Bauchgefühl."

 

Nachtrag vom 4.8.: "Der Deutsche Lehrerverband warnt vor einer Verschärfung des Lehrermangels. Insgesamt seien 15.000 Stellen nicht besetzt."

 

Nachtrag vom 5.8.: "Kinder, die kein Deutsch sprechen, sollen nicht an Grundschulen aufgenom-men werden. Das fordert Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann ... schlägt eine Vorschulpflicht vor." Für den vernünftigen Vorschlag wird er des "rechtspopulistischen Mülls" beschimpft. 

 

Nachtrag vom 7.8.: Die Bild fragt allen Ernstes: "Wie wichtig ist Deutsch in der Grundschule?" Immerhin Fakten: "Laut Lehrerverband spricht mindestens jedes fünfte Kind in der ersten Klasse zu schlecht Deutsch, um dem Unterricht zu folgen. Dramatisch: Schon jetzt steigt laut aktueller Studie (Caritas) die Zahl der Schüler ohne Abschluss ... Lehrerverband: Präsident Heinz-Peter Meidinger ist dafür, dass Kinder ohne Deutschkenntnisse zunächst in der Vorschule lernen." Kein Wunder: "Immer mehr Eltern schicken Kinder auf Privatschulen."

 

Nachtrag vom 30.8.: Zustände an heutigen Grundschulen: "Schlägerei zwischen zwei Familien bei der Einschulung an der Friedrich-Ebert-Grundschule in Kamen! Laut Polizei gingen zum Ende der Feierlichkeiten für 73 neue Schulkinder und ihre Familien gegen 10.40 Uhr Familien türkischer Herkunft aufeinander los. Sie seien schon seit Längerem verfeindet."

 

Nachtrag vom 3.9.: "Hauptschüler schlägt Rektor in Duisburg krankenhausreif." Außerdem: "An Schulen (1. bis 13.Klasse) in Nordrhein-Westfalen hat es im vergangenen Jahr nach Angaben des Landeskriminalamtes 20.690 angezeigte Straftaten gegeben. Darunter fallen 3.013 Körperver-letzungsdelikte, 2.353 mal wurden Schüler Opfer, in 263 Fällen waren Lehrer die Leidtragenden ... Im Frühjahr 2020 und 2022 soll es zudem eine Woche des Respekts an den Schulen geben." (!)

 

Nachtrag vom 11.9.: "Lehrermangel an Grundschulen gravierender als angenommen - Bei den Prognosen zum Lehrerbedarf an Grundschulen haben sich einige Fachleute gründlich verrechnet, zeigt eine Studie. Sie seien von falschen Zahlen ausgegangen." Siehe auch: "Eklatanter Lehrermangel in Bayern: 'Die Hütte brennt' ... 'Wir brauchen eigentlich keine neue Studie, um den Ernst der Lage zu unterstreichen'." 

 

Nachtrag vom 18.9.: "Nach Brandbrief: Stadt im Gespräch mit Eltern" an Schule in Guben. 

 

Nachtrag vom 17.10.: "Lehrerin von Schüler (13) verprügelt ... Aus dem Nichts habe es Faust-schläge und Tritte gehagelt, 'überall hin, volle Pulle' ... Passiert ist das im Jahr 2014, doch bis heute bekommt die Grundschullehrerin den Tag nicht aus ihrem Kopf. Ihre Erfahrungen, die Probleme von Kollegen, die Verschwiegenheit von Schulen ... mit der Veröffentlichung des Berichts forderte der Verband mit dem 'Märchen vom Einzelfall' aufzuräumen.


21.1.2019

Wohnen: Problem ungelöst

 

An der rigiden und andernorts plötzlich laschen sprachlichen Korrektheit lässt sich das Ausmaß der Unverschämtheit ablesen, mit der manche einer Hierarchisierung von Diskriminierungstatbeständen das Wort reden. Man nehme etwa die „graue Wohnungsnot“ unter die Lupe oder den Focus-Titel „Rentner blockieren große (Anm.: 59 qm) Wohnungen“ und ersetze „graue“ mit „schwarze“ oder „Rentner“ mit „Migranten“. Klingelt’s, im Oberstübchen? Wo bleibt der Leit-faden von „Respect Words“ zur Berichterstattung über betagte Menschen analog diesem hier

 

Die verschärfte Wohnsituation war klar abzusehen und jeder weiß, warum sich das Problem noch intensiv dramatisieren wird. Nahe liegend, dass sich die Bau- und Immobilienbranche auf den Plan gerufen sieht. 2018 ist diese „plötzlich mit gleich vier Akteuren in den Top 12“ der Topspender-Rankings an die Parteien präsent. „Ein Zufall? Kein anderer Wirtschaftszweig in Deutschland erzielt derzeit so hohe Renditen – und schon seit längerem laufen heftige Lobby-Schlachten, damit dies trotz Wohnraumkrise auch so bleibt.“ Zu den Top-Spendern gehört etwa der Bauunternehmer Dietmar Bücher, von dem die SPD mit 100.000 Euro profitierte. Kontakte bestehen: Rund zwei Jahre zuvor wurde aus einem leer stehenden Schulungszentrum im Ober-urseler Norden eine Flüchtlingsunterkunft. „Der Kreis hat das ehemalige Schulungszentrum samt 16.000 Quadratmeter großem Gelände vom Bauunternehmen Dietmar Bücher“ gemietet. 

 

Die Immobilienbranche pflegt neuerdings laut Abgeordnetenwatch auch großes Interesse an einem Zugang zum Parlament: „Aus ihren Reihen sind acht Verbände mit insgesamt zehn Hausausweisen hinzukommen … Einige … vertreten die Interessen von Privatpersonen, andere arbeiten für mächtige Branchenverbände. Im Zentralen Immobilien Ausschuss etwa haben sich große Konzerne wie Strabag, Vonovia oder Vivawest Wohnen zusammengeschlossen. Auf seiner Internetseite führt der Lobbyverband in einem Terminkalender die Sitzungswochen des Bundes-tages auf … Auch der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen hat dafür gesorgt, dass sein Hauptstadtlobbyist problemlos in den Bundestag gelangt. Der Verband ist ein großer Player auf dem Immobilienmarkt, seine Mitglieder verwalten nach eigenen Angaben mehr als 14 Prozent des gesamten vermieteten Wohnungsbestands in Deutschland.“ Nach dem seltsamen Wohngipfel im Kanzleramt letzten September ist zumindest verständlich, warum hiesige Politik den Beistand der Fachleute benötigt. Ob ausreichend kritische Distanz besteht? 

 

Zum o.g. Focus-Beitrag gab es übrigens einige Leserbriefe: „Wie viel Wohnraum steht denn unseren Politikern im Schnitt zur Verfügung?“ – „Was ist denn das für ein Vokabular? Wer eine Wohnung bewohnt und dafür monatlich Geld bezahlt, ist Mieter und kein Blockierer. Wir leben doch nicht im Sozialismus, indem alles zugeteilt wird.“ – „In den Städten kann es gar nicht so viele Rentner geben, wie behauptet. Die sterben doch alle qualvoll am Feinstaub in den Städten.“

 

Nachtrag vom 31.7.: "Nach Schätzungen seien im Verlauf des Jahres 2017 insgesamt 650 000 Menschen zumindest zeitweise von Wohnungslosigkeit betroffen gewesen."

 

Nachtrag vom 1.8.: "Der Großvermieter Gebäudewirtschaft Cottbus (GWC) wünscht sich Kulturmanager zur Vermittlung bei Konflikten mit ausländischen Mietern – insbesondere Flüchtlingen. Diese Stellen müssten laut Geschäftsführer Torsten Kunze vom Bund finanziert werden. Die Manager sollten überregional zum Einsatz kommen. Denn die Konflikte gebe es genauso bei anderen Vermietern in Brandenburger Städten."

 

Nachtrag vom 25.9.: Droht Niedersachsen der Wohnungsmarkt-Kollaps? Das Land "hat über den Familiennachzug seit 2016 rund 91.000 Angehörige von Asylbewerbern aufgenommen".