Als dritter Sektor in der Gesellschaft werden soziale Organisationen neben Staat (erster Sektor) und freier Wirtschaft (zweiter Sektor) bezeichnet. Die Aufgaben, die der Dritte Sektor übernimmt wachsen, da der Staat immer mehr Verantwortung abgibt. "De facto ist der Dritte Sektor nicht mehr so einfach abzugrenzen wie früher.


28.12.2019

Die FES wieder

 

Anlässlich der Ausstellung „Demokratie stärken – Rechtsextremismus bekämpfen“ der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in Sachsen-Anhalt stellen sich zwei Fragen: Wird den Schülern auch erläutert, dass das Problem erst wieder seit Angela Merkels Kanzlerschaft in relevantem Ausmaß virulent wurde? Und mutet die Aufforderung an die zeigende Institution, sie solle „sich durch Pressearbeit und Werbung daran beteiligen, dass die Ausstellung eine größtmögliche öffentliche Beachtung findet“, nicht etwas merkwürdig an?


27.12.2019

Absurde Blüten des Relativismus

 

Jetzt versucht man von interessierter Seite, steuerliche Begünstigungen von Körperschaften – also die Gemeinnützigkeit von Vereinen und NGOs – an die Mitgliederstruktur zu knüpfen und damit auch dort geschlechtsspezifische Aspekte unterzubringen. Konkret will Olaf Scholz „geschlechter-selektiven Vereinen den Status der Gemeinnützigkeit“ entziehen, sofern diese „ihre Mitgliedschaft ohne nachvollziehbaren Grund auf ein Geschlecht“ begrenzen, heißt es bei Juwiss: „Vereine, die grundsätzlich keine Frauen aufnehmen, sind aus meiner Sicht nicht gemeinnützig … Dies betreffe ‚deutschlandweit hunderte Vereine wie Schützengilden oder Sportclubs, die ausschließlich Männer‘ zulassen“, wird Scholz zitiert. Pate dafür steht das Freimaurer-Urteil aus dem Jahr 2017. In der CSU fragt man sich: „Hat Olaf Scholz schon mal etwas gehört von Männergesangsvereinen“ oder dem Katholischen Frauenbund? Juwiss argumentiert: Die geschlechtsspezifische Beschränkung einer Vereinsmitgliedschaft wird häufig mit „Brauchtum und Tradition“ begründet. Das Diskriminierungsverbot aufgrund des Geschlechts aus Artikel 3 Grundgesetz sei aber „praktisch unwirksam, wenn die gesellschaftliche Realität hinzunehmen wäre“. Zumindest sieht man hinsichtlich geschlechtergetrennter Gesangs- oder Sportvereine Differenzierungsbedarf: „In diesen Fällen erscheint es durchaus denkbar, eine geschlechterselektive Mitgliederstruktur durch sachliche Gründe zu rechtfertigen.“ Ein Gericht hatte hier ohnehin schon entschieden. Man erinnere sich an den Fall des neunjährigen Mädchens, das sich in den Staats- und Domchor Berlin, ein reiner Knabenchor und älteste musikalische Einrichtung der Hauptstadt, klagen wollte. Die absurde Sache ist vielleicht noch nicht ausgestanden: „Zugleich verwies Richter Jens Tegtmeier wegen der grundlegenden Bedeutung des Falles darauf, dass die unterlegene Seite in Berufung gehen könne. Die Abwägung zwischen beiden Grundrechten bedürfe der vertieften Betrachtung.“ Erstaunlich, dass man für die Pflege selbst konstruierter Widersprüche Zeit hat. Schließlich ist doch die „Justiz an der Belastungsgrenze“ und braucht zudem dringend mehr Staatsanwälte im „Kampf gegen Rechts“, wie Sven Rebehn, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbunds*, fordert: „Verfassungsschutz und Bundeskriminalamt bekämen jeweils Hunderte neue Stellen, der Generalbundesanwalt sei aber im Bereich Rechtsextremismus eher dünn besetzt.“ Die FDP im Bundestag will das Ghostriding beenden und via Antrag „Gemeinnützigkeit von Körperschaften in Deutschland unabhängig vom Geschlecht ihrer Mitglieder“ erhalten respektive „bei der Beurteilung der Gemeinnützigkeit … nicht auf sachfremde Aspekte, wie das Geschlecht“ abstellen. Begründung: „Die verfassungsrechtlich gesicherte Vereinigungsfreiheit verlangt Toleranz gegenüber der Ausübung der vereinsrechtlichen Privatautonomie.“ Andernfalls sei das „eine Form staatlicher Bevormundung, die dem Erfordernis zivilgesellschaftlicher Vielfalt“ nicht gerecht wird. Diese Argumentation sollte man sich merken.

 

*Der kritischer eingestellte Präsidiumsvorsitzende des Deutschen Richterbunds, Jens Gnisa („Das Ende der Gerechtigkeit“), ist mit Wirkung zum 31. Dezember von seinem Amt zurückgetreten, um für die CDU als Landrat in Westfalen-Lippe zu kandidieren.

 

Nachtrag vom 12.2.2020: Wissenswertes noch in der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der FDP: "Steuerliche Vorteile für gemeinnützige Einrichtungen"


6.12.2019

Linke Selbstbeschäftigung

 

Jetzt hat man akademischerseits sogar ein „Promotionskolleg rechtspopulistische Sozialpolitik und exkludierende Solidarität“ aus dem Boden gestampft, um auf der Frage herumzureiten, warum dem Linkspopulismus seine Wählerklientel davon läuft. Wer braucht so was?


22.11.2019

Wer macht die Politik?

 

Die Mixtur aus Medien & Politik ist virulent. Im Zuge der Verschiebung von Legitimitäten  sollten allerdings neu entstehende Netzwerke im Bereich Medien & Dritter Sektor deutlicher im Fokus stehen. Aktuell erfährt man über diese Veranstaltungsankündigung der umtriebigen Schwarzkopf-Stiftung: Gemeinsam mit der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung wird dazu eingeladen, mit der Journalistin Elisabeth Niejahr – bekannt auch aus dem ARD-Presseclub – über das Thema „Gewalt im Netz: Wie Politik und Journalismus durch soziale Medien verändert werden“ zu diskutieren. „Unser Gast beobachtet das politische Geschehen seit Anfang der neunziger Jahre. In Bonn schrieb sie für den Spiegel über die letzten Jahre der Kohl-Ära, ab 1999 arbeitete sie 18 Jahre im Berliner Hauptstadtbüro der Zeit, davon einige Jahre als stellvertretende Bürochefin. Seit zwei Jahren ist sie Chefreporterin der Wirtschaftswoche, ab 2020 wird sie als Geschäftsführerin der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung den Bereich ‚Demokratie Stärken‘ verantworten.“ (!) Bei Kress liest man konkreter: „Sie wird Co-Geschäftsführerin der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung.“ Vorstandsvorsitzender Frank-Jürgen Weise – bekannt auch aus früheren Tätigkeiten bei der Bundesagentur für Arbeit und beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – freut sich über die Personalie. Die Hertie-Stiftung zählt zu den größten Privat-Stiftungen mit Fördervolumen von mindestens 20 Millionen Euro/Jahr.

 

Ein Beispiel ihrer stets politkorrekten Aktivitäten geht aus dieser Pressemitteilung vom Februar hervor: „Das Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM) der Humboldt-Universität zu Berlin tritt fünf Jahre nach seiner Gründung in die nächste Förderphase ein: Die Gemeinnützige Hertie-Stiftung und der Deutsche Fußball-Bund (DFB) werden das BIM für weitere drei Jahre (Beginn 2019 bis Ende 2021) fördern … ‚Bereits 2014 – vor der gesteigerten Fluchtmigration 2015 – haben wir die Gründung des BIM angestoßen. Seitdem ist es zu einer führenden Institution in der Migrationsforschung geworden …‘, erläutert Bernd Knobloch (stellv. Vorstandsvorsitzender der Hertie-Stiftung und Kuratoriumsmitglied BIM). Die Forschung zur Integrationsleistung von Sport mit Fokus auf Fußball wird intensiviert. So wird z. B. auf der Ebene der Identifikation darüber geforscht werden, wie Fußballvereine als Arena für die Identifikations-prozesse mit Deutschland fungieren können. ‚Die Verantwortlichen der Fußballorganisation sind sich der besonderen Chance des Fußballsports als Plattform für gelingende Integration bewusst. Gemeinsam mit den Experten des BIM suchen wir, nach der erfolgreichen Integration von vielen Migranten als Sportler/innen, jetzt nach Lösungswegen bei der Integration von Migranten auch in die Führungsebenen der Vereine‘, sagt Reinhard Grindel, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes und Kuratoriums-mitglied BIM … Staatsministerin Annette Widmann-Mauz, die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, hat den Kuratoriumsvorsitz übernommen. Die Beauftragte der Bundesregierung und die Bundesagentur für Arbeit fördern das BIM ideell.“  Es sei für weitere Förderpartner offen, sagt: Prof. Dr. Naika Foroutan, Direktorin des BIM. Alte Bekannte begegnen einem auch beim Blick ins Kuratorium der Hertie-Stiftung. Mit dabei sind: Petra Gerster (ZDF-Nachrichten), Petra Roth (ehemalige Frankfurter Oberbürgermeisterin), André Schmitz-Schwarzkopf (Vorstandsvorsitzender der Schwarzkopf-Stiftung), Maria Böhmer (Staatsministerin im Auswärtigen Amt a.D. und Präsidentin der Deutschen Unesco-Kommission) oder Annette Schavan (Bundesministerin a.D. und bis Juni 2018 deutsche Botschafterin beim Heiligen Stuhl). Der Krisenherd der derzeitigen Politik dürfte damit hinreichend identifiziert sein. By the way: Wozu werden eigentlich noch Wahlen durchgeführt?


21.11.2019

„Privatisierung des Politischen“

 

Weil ja ständig und überall der Begriff „Demokratie“ bemüht wird: Das Institut für Auslandsbe-ziehungen (ifa) schreibt derzeit das Forschungsprojekt „Verständnisse von Zivilgesellschaft in Europa“ im Rahmen seines Programms „Kultur und Außenpolitik“ aus. Das Projekt will „Handlungsempfehlungen für künftige außenpolitische Maßnahmen“ formulieren. Die Ausschreibung ist – selten geworden – angenehm sachlich, also nicht verurteilend, sondern fragend gehalten: „Das Verständnis von Zivilgesellschaft hat jedoch innerhalb Europas historische und regionale Prägungen. Für die internationale Zusammenarbeit ist eine Sensibilität für diese Kontexte notwendig. Jüngst stellte der Europäische Rechnungshof fest, dass es keine gemeinsame Definition von NGO’s gibt … Welche, historisch und systemisch bedingte, verschiedene Verständnisse und Funktionsweisen von Zivilgesellschaft existieren in Europa? ... Welche internationale Definition von Zivilgesellschaft könnte sich als Grundlage anbieten? Wie können nationale und regionale Unterschiede konstruktiv genutzt werden?“ Ein „vergleichender Blick innerhalb Europas“ sei gefragt. Das kann man schon mal machen. Seltsam nur, dass die grundlegende Frage nach neu geschaffenen Legitimitäten politisch relevanter Entscheidungen bisher unbehandelt bleibt. Man diskutiert also über Demokratie und setzt dabei „zivilgesellschaftliche Akteure“ als Stichwortgeber im weltpolitischen Geschehen als gegeben, ohne dass dies jemals auf demokratischem Wege entschieden wurde. Zu beachten: Mit der „Zivilgesellschaft“ ist nicht das Gros der steuerzahlenden Bürger gemeint, sondern das Sammelsurium an Vereinen, die quasi allesamt gegen ihre eigene Selbstbeschreibung verstoßen: nämlich parteipolitisch unabhängig zu agieren und Meinungspluralität zuzulassen. Die gesamte demokratisch erscheinende Diskussion fußt also auf undemokratischen Vorgaben. In seinem Beitrag weist Christoph Marischka darauf hin, dass die Europäische Kommission bereits im September 2012 „die Zivilgesellschaft zum Akteur der Außenpolitik erklärt“ hat. Es dauerte natürlich nicht lange, bis der Ruf nach der „Schaffung eines Finanzierungsinstruments“ erscholl: vorrangig für „zivilgesellschaftliche Organisationen“ sowie unter Ermöglichung der „uneingeschränkten Interaktion“ mit jenen für die EU-Delegationen.

 

Deutlich wird im weiteren Text ein heuchlerischer Widerspruch: Denn während die „Zivilgesell-schaften“ im außenpolitischen Handeln als „Triebkräfte des Wandels“ gelten, wird diesen in der EU-Binnenperspektive „eine wesentlich weniger dynamische Rolle zugedacht“. Hier sollen sie dazu beitragen, dass sich die Bürger der Vorteile ihrer europäischen Bürgerschaft wie auch ihrer Rechte und Pflichten voll bewusst werden, dass die „europäische Integration uneingeschränkt unterstützt“ wird und dass sich „im Zusammenhang mit der europäischen Informations- und Kommunikations-strategie“ die vom Programm geförderten Tätigkeiten im Bewusstsein einprägen. Gemeinsam wiederum sei „eine Offenheit für privatwirtschaftliche und private Interessen verfolgende Akteure“. Bei einer Veranstaltung zum Thema „Kritische Kampagnenarbeit in Zeiten der Globalisierung“ etwa wurde als Ursache für die zunehmende Bedeutung der Zivilgesellschaft die „Privatisierung des Politischen“ angegeben: „Relevante politische Entscheidungen werden immer häufiger durch internationale Institutionen und Organisationen getroffen, ohne dass diese über herkömmliche Formen einer demokratisch-parlamentarischen Kontrolle ausreichend legitimiert wären ... Auf diese Weise stehen die Staaten heute in gleich doppelter Weise unter Legitimationsdruck.“ Und weiter in dieser erstaunlichen Offenheit: Es entstehe eine „immer größer werdende Lücke zwischen den Sphären der Staatlichkeit und den Bevölkerungen“. Diese Lücke habe die Arbeit von NGOs begünstigt. Es drücke sich darin „nicht nur ein Zugewinn an Demokratie aus, sondern gerade auch dessen Gegenteil: ein wachsender Mangel an Demokratie“. Im zitierten Text wird das nicht als letztgültige These verstanden, sondern als Anstoß für weiterführende differenzierte Debatten.


8.10.2019

Stimmigkeit: einerlei

 

Bei IsraAID ist gerade folgende Stelle vakant: „Sozialarbeiter_in, Pädagog_in mit heranwachsenden Geflüchteten“. Der Verein zum Selbstverständnis: IsraAID ist eine unpolitische NGO. Wie unpoli-tisch, steht auf der Website: „In 2015 alone, more than one million asylum seekers made the treache-rous journey from the war torn Middle East seeking refuge in Germany … IsraAID has responded to the request of the German government by deploying a team of Arabic and English speaking psychosocial specialists to help support the refugee resettlement. In 2018, IsraAID Germany was honored with the country's national integration prize, awarded by Chancellor Angela Merkel.“


11.9.2019

Geheimnisvolle Konferenz

 

Ich poste hier folgende Einladung, die von der Schwarzkopf-Stiftung via E-Mail-Newsletter herausging: „…wir laden Sie herzlich ein zu einer Konferenz des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz in Zusammenarbeit mit der Schwarzkopf-Stiftung: Die Würde des Menschen ist #unantastbar - Justiz und Gesellschaft gegen rechte Gewalt - Konferenz am 8. Oktober 2019 ... Wir erleben, wie Hass im Netz in brutale Gewalt umschlagen kann. Aus Worten werden Taten. Fast täglich werden Menschen in Deutschland von rechten Gewalttätern bedroht und attackiert – aufgrund ihres Aussehens, ihres Glaubens oder ihres Engagements für eine menschliche Gesellschaft ... Der Rechtsstaat handelt und erhöht den Verfolgungsdruck auf Rechtsextremisten. Wir zeigen: Wir sind eine wehrhafte Demokratie und eine weltoffene Gesell-schaft. Wie rassistische und antisemitische Taten entschieden verfolgt werden und was wir dem Hass im Netz entgegenhalten, wollen wir mit Politik, Justiz und Zivilgesellschaft diskutieren. An der Konferenz nehmen u.a. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht, die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker, die selbst Opfer eines rechtsextremistischen Mordanschlags wurde und sich für eine weltoffene und tolerante Stadt Köln engagiert und die vom sog. ‚NSU 2.0‘ bedrohte Frankfurter Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız teil. Ebenso dabei sind die junge tagesschau-Journalistin Alice Hasters, Generalbundesanwalt Peter Frank und viele weitere...“   

 

Tatsächlich gibt es keinen Beleg für die Aussage: „Fast täglich werden Menschen in Deutschland von rechten Gewalttätern bedroht und attackiert.“ Wie sich die Bedrohung der inländischen Sicherheitslage tatsächlich darstellt erschließt sich dort. Programm der Veranstaltung: Zum Punkt „Rechtsterrorismus bekämpfen - Netzwerke und Strukturen offenlegen“ sollen referieren: MdB der Grünen Claudia Roth, Vizepräsidentin des Bundestags, Barbara Havliza, Niedersächsische Justiz-ministerin, Peter Frank, Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof und Seda Başay-Yıldız, Rechtsanwältin, Frankfurt am Main, Vertreterin der Familie Şimşek im „NSU‘‘-Prozess. Basay-Yildiz ist übrigens auch Anwältin von Sami A. und schloss zuletzt einen erneuten Gang nach Karlsruhe nicht aus, um die Gerichte offenbar bis zum St. Nimmerleinstag mit diesem skurril aufgezogenen Fall des islamistischen Gefährders zu beschäftigen. Nebenbei: Dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit der Frankfurter Anwältin ein vertrauliches Gespräch führte, war sogar dem ZDF eine Meldung wert. Man kennt sich. Zu weiteren Themen sprechen: Politik-wissenschaftler Prof. Dr. Hajo Funke, Freie Uni Berlin, Markus Hartmann, Oberstaatsanwalt als Hauptabteilungsleiter, die schon erwähnte tagesschau-Journalistin Alice Hasters, Uwe-Karsten Heye, Mitgründer und Vorsitzender „Gesicht zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland‘‘ und der ehemalige Sprecher der Bundesregierung Gerd Billen, Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Das krönende öffentlich-rechtliche Sahnehäubchen obenauf: Die Moderation übernimmt Dr. Wulf Schmiese, Redaktionsleiter ZDF „heute journal‘‘! 

 

Der Nachbericht zur Konferenz bei LTO: Staatsanwaltschaften erhalten neue Spezialeinheiten, um Hasskriminalität im Internet zu verfolgen und das NetzDG soll verschärft werden.


9.7.2019

„Syrisch-deutsche Tandems-gegen-Rechts“

 

Wie man aber auch jede gute Projektidee zugunsten des Anti-Rechts-Fanatismus zerstört, führt gerade die deutsch-syrische Solidaritätsinitiative „Adopt a Revolution“ vor. Die Organisation unterstützt die zivile Opposition in Syrien und sucht „Aktive der Opposition aus der ehemaligen DDR und Syrien für ein spannendes Austauschprojekt zu Widerstandserfahrungen“. In einem Workshop wolle man „mit AktivistInnen der Syrischen Revolution und der DDR-Bürgerrechts-bewegung über unterschiedliche Erfahrungsperspektiven im Widerstand gegen Autoritarismus“ sprechen. Hört sich interessant an. Jedenfalls solange, bis man zum Zweck der Veranstaltung gelotst wird: nämlich die PC-korrekte Bildung von „syrisch-deutschen Tandems-gegen-Rechts“. Da die Teilnehmer, auch die geflüchteten Syrer, möglichst in Ostdeutschland wohnen sollen, könnte man sie ja gleich in den Wahlkampf bei den anstehenden Wahlen schicken. Unumstritten ist „Adopt a Revolution“ innerhalb der Linken übrigens nicht, wie ein Vergleich dieses taz-Interviews mit jenem Artikel vom „untergrundblättle“ zeigt. Objektive Anregung zur Meinungsbildung bietet Achgut.

 

Nachtrag vom 30.7.: Seminar "Rechtsruck und Neofaschismus in Hochschule und Gesellschaft", finanziert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung: "Diese gesellschaftlichen Prozesse und Bedrohungen wollen wir – nicht nur aus dem Anlass der Wahlen in mehreren ostdeutschen Bundesländern und der möglichen Regierungsbeteiligung extrem rechter Kräfte – gemeinsam analysieren." Im Newsletter dazu heißt es noch: "Zum Abschluss werden in einem Workshop Handlungsmöglichkeiten für die Hochschulpolitik erarbeitet."

 

Nachtrag vom 3.8.: "Nichtregierungsorganisationen: Diese seien im Westen 'romantisch verklärt' worden - dabei sei deren Arbeit bisweilen sogar kontraproduktiv..."


13.6.2019

Gesundheitlich unbedenkliches Podium 

 

Diese Veranstaltung wird aufgrund der Gästeauswahl wohl deutlich weniger schlimm werden als sonst im Milieu üblich: Bei der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Berlin treffen sich unter dem Titel „Wir verstehen die Welt nicht mehr“ – „Entfernt sich Deutschland von seinen Freunden?“ drei klare Köpfe. Christoph von Marschall vom Tagesspiegel kritisierte bereits in seinem Buch die „Selbstisolierung Berlins in der Migrationskrise“ und die „fatale Neigung zur moralischen Selbstüberhebung über die anderen Europäer“. Bijan Djir-Sarai sorgte als außenpolitischer FDP-Sprecher unlängst mit dafür, die peinliche Rückgratlosigkeit der Regierung sowie der Grünen und Linken in punkto Israel zu entlarven. Und Historiker Heinrich A. Winkler traute sich schon vor einem Jahr zu äußern: „Wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, als gebe es ein allgemeines Menschenrecht, das da lautet: Wir wandern jetzt in einen Staat unserer Wahl ein … Die Rettung von Menschenleben verpflichte nicht dazu, Menschen in die EU einwandern zu lassen. Es sei verantwortungslos, einen solchen Eindruck bei den Menschen in Afrika zu erwecken. Es sei gar nicht möglich, in Deutschland ... ‚Menschenrechte für alle Welt‘ zu verwirklichen.“ In dieser Zusammen-setzung des Podiums erscheint die Gefahr, einem Hirninfarkt anheimzufallen, eher gering.


5.6.2019

Stiftungen im Halbschatten

 

Vor zwei Jahren informierte das Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) über mangelnde Transparenz und problematische Verflechtungen von unternehmensnahen Stiftungen (vgl. diesen Beitrag vom 8.2.2017). Diese verfolgten teils dezidiert politische Ziele und verfügten „de facto … privat über Steuergelder“. Das WZB damals: „Warum wird so viel Schatten oder Halbschatten gewährt bei dieser Arbeit?“ Aktuell berichtet nun LTO über ein anhängiges Organstreitverfahren bezüglich parteinaher Stiftungen der im Bundestag vertretenen Parteien, in dem Fragen nach „indirekter staat-licher Parteienfinanzierung“ und – entgegen auch möglicher Neutralität – nach parteilicher Prägung politischer Bildungsarbeit aufs Tapet kommen. Sogar frühere Entscheidungen des Bundes-verfassungsgerichts stehen unter Beschuss. Die Stiftungen bekamen 2017 insgesamt 581 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt; plus Zuwendungen aus den Ländern. Angesichts der „gigantischen Summe“ erscheint es skandalös, dass die Forderung aus der Wissenschaft nach einer Regelung, wer überhaupt Anspruch auf staatliche Stiftungsgelder hat, seit Jahren erfolglos bleibt. Dies umso mehr, als etwa die medial häufig zitierte Konrad-Adenauer-Stiftung (CDU), Friedrich-Ebert-Stiftung (SPD), Heinrich-Böll-Stiftung (Grüne), Rosa-Luxemburg-Stiftung (Die Linke) und Hanns-Seidel-Stiftung (CSU) „gar keine Stiftungen im rechtlichen Sinne sind“, sondern eingetragene Vereine. Und noch ein Hinweis: 2015 hieß es, dass hierzulande jährlich 700 Stiftungen neu entstehen. 

 

Nachtrag vom 2.12.: Bund ist an 104 öff.-rechtl. und privatrechtl. Stiftungen finanziell beteiligt.


25.4.2019

Schlechter Witz des Tages

 

Zurückhaltend formuliert kann es sich maximal um einen schlechten Witz handeln, wenn die Bundesregierung damit angibt, Qualitätssicherung in der Wissenschaft genösse hierzulande einen hohen Stellenwert. Die Sozialwissenschaft betreffend ärgern sich regelmäßig sachlich orientierte Wissenschaftler über die stets politkorrekten Ergebnisse von „Studien“ der Friedrich-Ebert-Stiftung. So etwa Politikwissenschaftler Klaus Schroeder, der noch vor neun Jahren im

Tagesspiegel äußern durfte: „Die Mitte des Landes wird als rechtsextrem diffamiert. Die Rechts-extremismus-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung ist nicht seriös, sondern eine offen ausgesproche-ne linke Kampfschrift gegen liberale und konservative Auffassungen und die hiesige Gesellschafts-ordnung.“ Spiegel & Co. lernten seitdem rein gar nichts dazu und stürzen sich aktuell erneut auf das „Ergebnis“ besagter SPD-nahen Stiftung, die zum Beispiel von den Bundesministerien 2017 Zuschüsse im Umfang von 170,7 Millionen Euro erhielt. Obwohl der Steuerzahlerbund die Finanzierung „in einem rechtsfreien Raum“ rügte und eine gesetzliche Regelung forderte, strömen weitere Steuergelder in die propagandistischen Sprechkanonen – rein im Interesse der Parteien und der amtierenden Kanzlerin: „Seit dem Amtsantritt von Angela Merkel als Bundeskanzlerin im Jahr 2005 haben die politischen Stiftungen 5,6 Milliarden Euro erhalten.“ Der rein propagandistische Zweck der Stiftungen macht sich auch daran fest, dass keinerlei Konsequenzen aus Feststellungen folgen. Wenn es heißt „Asylsuchende stoßen in der Bevölkerung auf wachsende Ablehnung“, dann würde jede seriöse Problemlösung nach der Ursache dafür suchen und als erstes die seit Jahren mit Hunderten von Millionen Euro gepushten Anti-Rechts-Projekte hinterfragen, die offenbar keinerlei Erfolge aufweisen; weil sie der entsprechenden Klientel die Kommunikation verweigern. Qualitätskontrolle: Fehlanzeige. 

 

Nachtrag: N-tv bemüht sich zumindest halbwegs um differenzierte Vermittlung und titelt zu den sogenannten Studienergebnissen: "Das Land wird rechter, nicht rechtsextremer." Man erinnere sich auch an die linkspopulistischen Binsenweisheiten dieser "Nachwuchsforschungsgruppe". Man erinnere sich zudem an die erhöhte "Millionen-Spritze für parteinahe Stiftungen" 2018.

 

Nachtrag vom 1.5.: Analyse bei Publicomag: "Was bedeutet es für die öffentliche Kommunikation eigentlich, wenn jemand – laut Biografie 'Co-Chef' eines mit Millionen geförderten Instituts – mit abstrusen Zahlen und Falschbehauptungen hantiert, offenbar keine Statistiken lesen kann ...? Und was für die Medienlandschaft, in der diese Verwebung alternativer Fakten zu einer kompletten Gegenrealität offenbar keinem Mitglied der Redaktion auffällt? Falls sie nicht sogar begrüßt wird, weil ja schließlich die Richtung stimmt?"

 

Nachtrag vom 5.5.: "Zusätzliche Milliarden für die Hochschulen ... Demnach will der Bund dauerhaft rund zwei Milliarden Euro jährlich beisteuern, um die Qualität der Studienplätze zu verbessern und mehr unbefristete Stellen an den Hochschulen schaffen zu können. Von 2021 bis 2023 will der Bund jährlich ... 1,88 Milliarden Euro zur Verfügung stellen, ab 2024 soll die Summe auf 2,05 Milliarden Euro steigen. Die Länder steuern jeweils dieselbe Summe bei ... Eine weitere Vereinbarung sieht vor, Innovationen in der Hochschullehre mit 150 Millionen Euro jährlich zu fördern ... Schließlich sollen durch eine dritte Vereinbarung die Mittel für die außeruniversitäre Forschung bis 2030 jährlich um drei Prozent steigen ... Bund und Länder investierten in den kommenden zehn Jahren über 160 Milliarden Euro." Kritik des Bundesrechnungshofes: Kritisch sehen die Prüfer die Transparenz bei den Mittelströmen und im Berichtswesen. Und noch zur Friedrich-Ebert-Stiftung: "So bleibt bis dato festzustellen: für den Vertreter eines Holocaustleugner-Think-Tanks stehen bei der Friedrich-Ebert-Stiftung die Türen offen, für einen lautstarken jüdischen Kritiker deutscher Außenpolitik bleiben sie geschlossen."

 

Nachtrag vom 8.5.: Irreführende Statistiken: "Bei antisemitischen Straftaten können die Täter Rechtsextremisten, linke Israelfeinde oder Islamisten sein. Die Mehrheit der Fälle in Berlin wird Rechtsextremisten zugeordnet - ohne Belege, wie aus einer Senatsantwort hervorgeht ... Schon länger gibt es Kritik von Experten, wonach die Zuordnung der allermeisten Fälle zu rechtsextremen Tätern nicht stimmig sei und weitere Tätergruppen, etwa aus islamistischen und anderen muslimischen Kreisen, zu wenig beachtet würden." Marcel Luthe (FDP): "Es sei nur eine 'kühne Behauptung, dass ein Großteil antisemitischer Taten von Rechtsextremen begangen werde'. Bei 60 Prozent aller Taten ließen sich keine rechtsextremen Hintergründe feststellen. Anhand der objektiven Zahlen zu festgestellten Verdächtigen könne man sagen, dass hier der größere Teil aus 'ausländischer Ideologie' heraus, also etwa von Anhängern der antisemitischen Hamas oder Hisbollah in Deutschland, begangen werde." 


3.4.2019

„Antirassistischer“ Fanatismus

 

Das ist fanatisch: Eine Theatergruppe will an der Pariser Universität Sorbonne ein Stück über vor Zwangsheirat flüchtende Frauen aufführen. Ein wichtiges Menschenrechtsthema, das hier breiten Zugang zur Öffentlichkeit finden will. Der Eingang der Sorbonne wird aber blockiert, um die Schauspieler am Auftritt zu hindern. Wer ist so empört? Sind es Islamisten? Die Erklärung ist mal wieder abwegig. Es sind Aktivisten von Anti-Rassismus-Gruppen, die Menschen außerhalb ihrer Community gerne das Schlechteste unterstellen. Spiegel Online: „Kritik der Aktivisten: Darsteller würden mit afrikanischen Masken und dunklem Bühnen-Make-up rassistische Stereotype fördern. Die Produktion sei ‚kolonialistische Propaganda‘.“ Kampfbegriff der Legendenstricker: „Blackfacing.“ Der Regisseur sieht sich zu einer Rechtfertigung gezwungen: Beim aktuellen Stück hätten keine Schauspieler mit dunklem Make-up auftreten sollen. „Rassismusvorwürfe wies er entschieden zurück … Bei der Kostümierung der Schauspieler habe man einer alten Tradition folgen wollen. Bereits in der Antike habe man sich bei Theaterstücken verschiedener Farbtöne bedient, damit auch weiter weg sitzende Zuschauer griechische und ägyptische Charaktere hätten auseinan-derhalten können. Die Vorwürfe würden die Freiheit der Kunst gefährlich einschränken.“ Wenigstens verurteilten französische Minister „diesen beispiellosen Angriff auf die Meinungs- und Gestaltungs-freiheit“. Mit solch klarer Abgrenzung gegen Extremisten kann man hierzulande kaum rechnen.

 

Es geht stets absurder: "Rassismus - Der Traum der Aktivisten vom afrodeutschen Beethoven."


15.2.2019

Gemeinnützige Haltungsjournalisten

 

„So viel Gemeinwohl flimmerte noch selten über den Äther“, meint die NZZ zum Manual der ARD; einer „Bedienungsanleitung“ für ARD-Mitarbeiter, um „ein bisschen zu manipulieren“: ganz im Sinne der Gemeinnützigkeit, nicht zuletzt für ein heimeliges „Wir-Gefühl“ innerhalb der zwangszahlenden Zuschauer. Zu diesem und anderen Zwecken darf dann schon mal „Gesinnung statt Fakten“ Regie führen. Ein aktuelles Beispiel zur „Arbeit“ eines werteorientierten ARD-Journalisten mit klarer politischer Haltung ist bei Publicomag nachzulesen.

 

Haltungsjournalisten pro Gemeinnützigkeit  

 

Unter dem Druck sinkender Auflagen und der hartnäckigen Weigerung gefallsüchtiger Redakteure zur Selbstkritik wird der „gemeinnützige Journalismus“ schon seit Monaten gepusht. Allen voran von der Journalistenvereinigung „Netzwerk Recherche“. Die startete einst ein relevantes Projekt, zu dem weiterführende Links im Netz aber alle gelöscht sind. Über ein Google-Snippet liest man gerade noch: „Im Rahmen der Fachkonferenz 2014 wurde die ‚Initiative Non-Profit-Journalismus‘ gegründet.“ Vermutlich sind die Resultate in dem gemündet, was auf ihrer eigenen Website zu finden ist, nämlich ein „Nonprofit-News-Blog“ sowie ein ausführlicher „Wegweiser Nonprofitjournalismus“. Was ein Mitglied vom Netzwerk Recherche für diesbezügliche Ambitionen hat und warum es – neben einigen praktischen Vorteilen – trotzdem vorwiegend ums Geld geht, ist hier festgehalten. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) berichtete  damals folgerichtig zur Verquickung von gemeinnützigen Journalisten mit der Stiftungs- und NGO-Szene: „Neue Journalistenbüros und Netzwerke wie Correctiv, Hostwriter und die Krautreporter zeigen, wie fruchtbare Zusammen-arbeit mit Akteuren des Dritten Sektors heute schon gelingen kann. Auf seinem diesjährigen Verbandstag in Weimar forderte der DJV den Gesetzgeber auf, die Rahmenbedingungen für solche Formen der Journalismusfinanzierung zu verbessern.“ Betont wird bei der Argumentation stets die Sicherstellung der unabhängigen Recherche. Nur mit der Abhängigkeit vom Dritten Sektor scheint man keinerlei Problem zu haben. Der kritische Leser, der möglichst objektiven Informationsjournalismus haben will und sich dann seine Meinung selbst bildet, wohl schon. Allein das Begriffspaar „gemeinnütziger Journalismus“ wird hier individuell geprägten Medienkonsumenten bitter aufstoßen. Es liegt in Zeiten des „Storytelling“ ohnehin nahe, vielmehr von „gemeinnütziger Erzählkunst“ zu sprechen; insbesondere dann, wenn sich Medienschaffende nicht die Bohne für die Bedürfnisse eigenständiger Leser, sondern nur dafür interessieren, eine beifallsträchtige Rolle „als zivilgesellschaftliche Akteure“ einzunehmen. 

 

Ein Haus für 25 Millionen

 

Der gemeinnützige Haltungsjournalismus hat inzwischen beste Chancen auf Institutionalisie-rung. Über einen Newsletter war zu erfahren: „Talents4Good sucht für die Schöpflin Stiftung eine*n Projektleiter*in Haus für gemeinnützigen Journalismus, Meinungs- und Informationsfrei-heit zum nächstmöglichen Zeitpunkt in Berlin. Die Schöpflin Stiftung ... engagiert sich für kritische Bewusstseinsbildung, eine lebendige Demokratie sowie eine vielfältige Gesellschaft.“ Als Förderstiftung unterstütze sie gesellschaftlichen Wandel in den Bereichen Flucht und Integration oder gemeinnütziger Journalismus. „Durch soziales Risikokapital ermöglichen wir Experimente und stärken deren zivilgesellschaftliche Verbreitung. Zur strukturellen Unterstützung des gemeinnützigen Journalismus sowie von Akteur*innen im Bereich Meinungs- und Informationsfreiheit planen wir den Bau eines Hauses in Berlin-Neukölln, das neben Büros und Studios auch Konferenzräume, Hostel- und Gastronomie-Elemente beinhaltet.“ „Die journalistische, sozialunternehmerische und/oder NGO-Szene“ muss man kennen. Geboten wird „Zugang zu einem spannenden Netzwerk aus Medienmacher*innen, Aktivist*innen und anderen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens“. 

 

Prickelnd ist, was in der Jobausschreibung nicht steht und sich nur durch intentionale Recherche erschloss. Im Dezember 2016 hieß es „In eigener Sache“: „Das Recherchezentrum Correctiv sucht gemeinsam mit einer deutschsprachigen Stiftung ein Grundstück für den Neubau eines Hauses für den gemeinnützigen Journalismus. Auf rund 5.000 Quadratmetern Fläche sollen bis zu 400 Arbeits-plätze entstehen. Das Haus ... soll als europäisches Medienzentrum zum Kristallisationspunkt für neue Formen der Wissens- und Informationsvermittlung werden. Neben verschiedenen Redaktionen sollen in dem Haus Räume für die Entwicklung neuer Unternehmenskonzepte geschaffen werden. Eine Stiftung aus dem deutschsprachigen Raum hat Interesse gezeigt, die Finanzierung in Höhe von bis zu 25 Millionen Euro zu garantieren.“ Man wolle ein multiprofessionelles Haus für Aufklärung und Bildung errichten inklusive Fernsehstudio, Schnittplätze, Hostel und Wohnungen. Im Fokus: lokale Medien sowie Europa und „neue Vernetzungen“, auch zu Schulen. „Der gemeinnützige Journalismus existiert in Deutschland erst rudimentär. Wir wollen ihm zum Durchbruch verhelfen.“ Für die Standortsuche wünschte man sich „räumliche Nähe zu Softwareunternehmen, Universitäten, Medienhäusern und Verlagen“ sowie zu Künstlern, Theatern und Museen. Später stellte Correctiv dann dort ein: „Die Schöpflin Stiftung hat diesen Traum aufgegriffen. Zusammen entwickeln wir das Haus des gemeinnützigen Journalismus.“ Wer die „weniger gemein- als eher eigennützige“ Rechercheplattform noch nicht kennt, kann sich hier darüber informieren

 

Die Netzwerke florieren

 

Auch wenn es nur eine Clique ist, die sich hier in ihrem Sinne Arbeitsplätze schafft, so scheint diese durch Netzwerke wirkmächtig zu sein. Volker Lilienthal etwa, Journalistik-Professor an der Uni Hamburg, empfahl die Ausschreibung der Projektleitung am 10. Januar via Twitter. Der Aufdecker des ARD-Schleichwerbungsskandals ist auch im obigen DJV-Bericht zitiert, Träger eines Preises vom Netzwerk Recherche und mit Correctiv- sowie Schöpflin-Mitarbeitern bekannt. Die Schöpflin Stiftung hat mit Lukas Harlan einen „Programmleiter Gemeinnütziger Journalismus“ mit Erfahrung im „Social Entrepreneurship“ und „Political Design“. Von Prof. Dr. Lutz Frühbrodt erfährt man, dass die 25-Millionen-Euro-Investition die „mit Abstand größte“ ist, „mit der eine Stiftung Journalismus in Deutschland fördern würde … 85 Stiftungen sind hier zu Lande aktiv, um die Finanzierung eines kritischen und investigativen Journalismus zu unterstützen – durch die Förderung größerer Medienprojekte wie dem gemein-nützigen ‚Correctiv‘ … Oft handelt es sich um Stiftungen, die aus dem Privatvermögen von Verlegern, Chefredakteuren und prominenten Journalisten gegründet wurden.“ Schöpflin verfüge über ein 15 Jahre gewachsenes Netzwerk, weiß der Betreiber der „Zweiten Aufklärung“ von Lukas Harlan. Träger eines Medienpreises des gemeinnützigen Vereins, der noch politische Salons organisiert, ist zum Beispiel Patrick Gensing. Für sein Portal Publikative (eingestellt) bekam er den ersten Preis. „Der Tagesschau-Redakteur betreibt mit Unter-stützung der Amadeu-Antonio-Stiftung einen Blog, der rechtsextreme Aktivitäten unter die Lupe nimmt.“ Bei dieser Schließung des Kreises soll es vorerst belassen sein, damit es der Leserschaft nicht schwindelig wird. Die Umtriebe rund um die gemeinnützige Erzählkunst sollte man weiterhin transparent dokumentieren. Es steht zu befürchten, dass aktionistische Haltungsjournalisten künftig noch umfassender als bisher die Bevölkerung mit ihren rein persönlichen Vorstellungen indoktrinieren. Insbesondere die Generation der kritisch reflektierten Redakteure, die ihren Aufklärungsauftrag zur Stärkung demokratisch-pluralistischer Meinungsbildung ernst nehmen und noch Erfahrung mit sachlichem Nachrichtenjournalismus präsent haben, ist aufgerufen, sich was einfallen zu lassen. Es geht letztlich darum, der Etablierung eines rückwärtsgewandten Menschenbildes Einhalt zu gebieten, demzufolge die Herrschenden dem unreif gehaltenen Volk, wie im Mittelalter, von oben herab diktieren, was es für gut und für böse zu erachten hat. Die notwendigen gesellschaftlichen Übereinkünfte sind aus dem Grundgesetz und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ableitbar. Das genügt als freiheitsbegrenzender Kompromiss.

 

Siehe auch Don Alphonso: "Die ARD hat Angst - Ich muss leider gestehen, dass ich mir das Framing-Manual der ARD ... aus reiner Eitelkeit bestellt habe. Denn natürlich hatte ich die Hoffnung, dass man mich darin namentlich oder gar mit einer Case Study erwähnt..." 

 

Nachtrag vom 27.6.: "Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen hat einen Gesetzentwurf in den Bundesrat eingebracht, mit dem die Rahmenbedingungen für gemeinnützigen Journalismus verbessert werden sollen. Konkret geht es in dem Antrag darum, die für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit ausschlaggebende Abgabenordnung des Bundes so zu ändern, dass Journalismus dort als eigener Förderzweck aufgenommen wird." 

 

Nachtrag vom 20.11.: Es ist soweit: "Heute nimmt das Forum Gemeinnütziger Journalismus seine Arbeit auf ... In diesem Forum engagieren sich Medienprojekte wie netzpolitik.org, Correctiv oder Finanztip, Zusammenschlüsse von Journalist*innen wie Netzwerk Recherche und Hostwriter sowie Stiftungen wie die Rudolf Augstein Stiftung und die Schöpflin Stiftung ... 'Die Gemeinnützigkeit von Journalismus muss endlich vom Gesetzgeber und den Finanzämtern anerkannt werden', fordert das Forum. Dieser Schritt werde helfen, die Medienvielfalt in Deutschland zu bewahren, die Kritik- und Kontrollfunktion des Journalismus zu stärken und so die öffentliche Meinungsbildung in der Demokratie zu beleben." Das Gegenteil wird eintreten.


23.1.2019

Akademische Verwertung offener Grenzen

 

Grenzüberschreitende Studiengänge sind im Prinzip sicher interessant. Beim neuen „Master in Border Studies“, unterrichtet an den Unis Luxemburg, Lorraine, Saarland und Kaiserslautern, ist allerdings davon auszugehen, dass man wieder genau an die vorherrschende Migrationspolitik andockt, wie auch aus dem Modulhandbuch hervorgeht. Als „Herausforderungen des 21. Jahrhunderts“ gelten europäisch angedachte Grenzschließungen. Nachdem die Studierenden das Know-how zu Grenzproblemen und Konstrukten des „Andersseins“ gelernt haben, werden sie „eine entscheidende Rolle in den zunehmenden Debatten über nationale und europäische Identitäten, weltweite Mobilität, Migration, kulturelle Diversität und grenzüberüberschreitende Zusammenarbeit“ spielen. Man kann dann also irgendwas mit Grenzen machen, bei NGOs oder so, und der herrschenden Politik die akademisch formulierten Argumente liefern.