Dritter Sektor = soziale Organisationen neben Staat (erster Sektor) und freier Wirtschaft (zweiter Sektor), die Aufgaben übernehmen, wo der Staat Verantwortung abgibt. Quelle


11.10.2018

Erforschung irregulärer Migrantenpopulationen

 

Eine weitere, durch die fahrlässige Zuwanderungspolitik entstandene Marktlücke wird besetzt: Am Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung als eine ressortforschungs-ähnliche Einrichtung des Bundes forscht man künftig zu „verdeckten Bevölkerungsgruppen“ und „Lebenslagen irregulärer Migrantenpopulationen in Deutschland“. 


11.10.2018

Der Kirchen ihr Heiliger

 

Die viral gegangene Meldung über die 50.000-Euro-Spende des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, an die umstrittene private Seenotrettung des deutschen Schiffs Lifeline will so gar nicht mit christlicher Überzeugung korrelieren, nach der gute Werke „demütig und im Stillen“, ohne „lautstarkes Gerede und viel Werbung“ vonstatten zu gehen haben. Dass man hier mit der unverschämten Intransparenz bezüglich der Herkunft des Geldes durchkommt, ist kaum vorstellbar. Ob nämlich Marx‘s „persönlicher Handlungsauftrag“ aus Kirchensteuer oder privat finanziert wird (was bei einem Monatseinkommen von 12.526 Euro durchaus drin wäre), bleibt bisher in jeder Berichterstattung unklar. 

 

Der Hamburger „Flüchtlingsbischof“ und Vorsitzende der Migrationskommission der Bischofs-konferenz, Stefan Heße, frohlockt jedenfalls: „Bezüglich der finanziellen Unterstützung sei man zu dem Schluss gekommen, dass jede einzelne Diözese überlegen solle, ob sie aus ihrem Budget noch etwas beisteuern könne.“ Schließlich hätten die katholischen Diözesen in den letzten Jahren „immer sehr große Summen für die Arbeit mit Migranten in Deutschland“ ausgegeben. Warum unterstützt man gerade deshalb zur Abwechslung nicht mal Pflegebedürftige oder Obdachlose, anstatt einen Kapitän, dem in Malta vor Gericht der Prozess gemacht wird? Auch vom Jugend-Online-Format Bento wird der mit dem von der Bayern-SPD mit dem Europapreis ausgezeichnete Kapitän von Lifeline, Claus-Peter Reisch, gepusht wie ein Heiliger. In diesem Beitrag wird er gelobt für seine „besonders harten Worte“ gegenüber Horst Seehofer: „Er ist ein Täter, er gehört vor Gericht, er muss zurücktreten.“ Der politische Aktionismus im Vorfeld der Landtags- und Bezirkswahl in Bayern am kommenden Sonntag ist nicht unbedingt ein Zufall. Lob bei Bento auch für den ZDF-Hofnarren und Autor des hasssprachlichen „Ziegenfickergedichts“, Jan Böhmermann, der für die bevorstehenden Prozesskosten im Fall Reisch mehr als 200.000 Euro Spenden eingesammelt hat. 

 

Die Bundesregierung hat ihm derweil konsularische Hilfe angeboten. „Eine Sprecherin des Auswär-tigen Amtes sagte in Berlin, die Botschaft vor Ort stehe mit der deutschen Besatzung des Schiffes in Kontakt – auch mit dem Kapitän und seinem Anwalt.“ Für was man in Berlin nicht alles an Kapazitäten hat. In Italien arbeitet die Regierung übrigens mit ganz anderer Zielsetzung mit katholischen Gemeinschaften zusammen: Hier geht es nicht um indirekte Stärkung krimineller Schlepper-Netzwerke, sondern um „Eröffnung humanitärer Korridore“, über die „Dutzende Frauen und Kinder auf der Flucht vor Krieg sicher per Flugzeug nach Italien gelangen“ sollen. Das strunz-dumme Mobbing gegen die italienische Regierung seitens der Tagesschau, die endlich mal für ihren manipulativen Missbrauch der Informationsmacht angezeigt gehört, entbehrt also jeder Grundlage.

 

Randnotiz: „Während Flüchtlinge aus Kriegsgebieten in Rom erwartet werden, wurde vom Innenministerium eine Meldung aus Deutschland dementiert, wonach am Donnerstag ein Charterflug mit Asylwerbern aus München eintreffen würde.“

 

Nachtrag vom 21.12.: Jetzt deutlich formuliert: "Die katholischen Bischöfe von München‐Freising und Paderborn spendeten sogar 50.000 Euro aus Kirchenmitteln" an Lifeline + Kapitän.

 

Nachtrag 2019: Kardinal Marx spendet wieder 50.000 Euro für die Seenotrettung (an Sea-Eye).

                          (2020 auch schon wieder)

 

Nachtrag vom Juni 2020: Die Spiegel-Marke "Bento" für Jüngere wird glücklicherweise eingestellt.


8.10.2018

Exzessive Politisierung

 

Die täglich mehrfache Beschwörung des „Rechtsrucks“ in nahezu allen Bereichen der öffentlichen Medien-, Politik- und Vereinsstruktur nimmt Züge krankhafter Fixierung an. Jetzt instrumentalisiert man ihn schon im Geschäftsbericht des gemeinnützigen Vereins „Mensch Mensch Mensch“: „Das Ergebnis der Bundestagswahl erschütterte den Verein dennoch, da die hohe Prozentzahl, mit der die AfD in den Bundestag einzog, so nicht erwartet worden war. Die schwierige Situation für geflüchtete Menschen in Deutschland sowie der Rechtsruck in Politik und Gesellschaft zeigen die Dringlichkeit, mit dem Projekt ‚Flüchtlinge Willkommen‘ eine menschenwürdige Unterbringung für Geflüchtete zu ermöglichen.“ Ohne den beschworenen Rechtsruck wäre die Unterbringung für Geflüchtete also nicht dringlich? 

 

Genauer betrachtet dient die opportunistische Rhetorik mal wieder der Akquise von Geldern unter Gesinnungsgenossen. 2.500  Euro brutto bei einer 30-Stunden-Woche soll etwa die gerade für Berlin gesuchte Ehrenamts-Manager*in bekommen. Förderer von „Flüchtlinge Willkommen“ sind unter anderen die UNO Flüchtlingshilfe, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und der Paritätische in Berlin. Wohlwollende mediale Begleitung ist garantiert, auch durch politisch korrekte Fragestellung, wie sie in der Jobanzeige formuliert ist: „Hast du dich bereits mit unter-schiedlichen Machtverhältnissen wie z.B. Rassismus, Sexismus, Klassismus und antimuslimischem Rassismus auseinandergesetzt?“ Kein Wort vom muslimischen Antisemitismus, den gerade auch Evelyn Hecht-Galinski in der ARD ab Minute 42:30 unwidersprochen leugnen durfte. Doch nicht zuletzt der Historiker Michael Wolffsohn stellte klar: „Wir haben eine immer größer werdende muslimische Minderheit, die sich radikalisiert … Teile der Mehrheitsgesellschaft haben sich mit antijüdischen und antizionistischen Extremisten aus Arabien identifiziert, vor allem Linke … Der gewalttätige Antisemitismus kommt heute nicht von rechts, auch wenn die irreführenden Statistiken etwas anderes sagen … Es ist eine Lüge. Wenn ich mich in meinem jüdischen Bekanntenkreis umhöre, dann sagen alle das Gleiche: Gewalt gegen Juden geht ausschließlich von Muslimen aus. Die Bedrohung kommt nicht aus Familien, in denen die Eltern AfD wählen – eine Partei, die ich entschieden ablehne. Sie kommt aus muslimischen Familien.“ (NZZ)

 

Die Vereinsleute scheinen weder die Fakten noch die tatsächliche Bedrohungslage für die jüdische Bevölkerung zu interessieren. Es zählen der Kampf gegen pragmatische Vernunft, auf Teufel komm raus, und die Produktion von Sündenböcken als argumentative Grundlage für jedwede Forderung. Eine brandgefährliche Kindsköpfigkeit.


28.9.2018

Vereine: Politische Manipulation

 

Die politisch einseitigen und damit antidemokratischen Vereine und NGOs sind nach wie vor emsig dabei, sich die absolute Deutungsmacht zu ergaunern. Allein in der „Allianz Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ sind über 80 Vereine und Stiftungen zusammengeschlossen, die sich politisch äußern wollen, ohne ihre Gemeinnützigkeit zu verlieren. Auf die grüne Lobby im Bundestag dürfen sich die Aktivisten regelmäßig verlassen; auch in Form parlamentarischer Arbeit. Aber: „Die Abgabenordnung hält das Verfolgen von politischen Zwecken für unvereinbar mit der Gemeinnützigkeit“, hieß es bei der FAZ im Januar 2016, wo man selten kritisch fragte: „Warum aber profitiert Campact von steuerlichen Privilegien?“ Die Gemeinnützigkeit der selbsternannten „Bürgerbewegung“ werde inzwischen angezweifelt. Passiert ist seither nur, dass eine AfD-Bundestagsabgeordnete das Finanzamt im November 2017 aufgefordert hat, Campact die Gemeinnützigkeit abzuerkennen. Begründung: Der Verein betreibe parteipolitische Einflussnahme zum Nachteil der AFD. Abwegig ist das ganz offensichtlich nicht: Erst kürzlich suchte Campact „eine/n Campaigner/in für Strategien gegen Rechtspopulismus“ in Vollzeit. Auch die Reaktion des Vereins auf die Aktion der AfD-Politikerin spricht für sich. 

 

Geld für die Pflege von Demokratie bekämpfenden Vollzeitstellen hat auch der gemeinnützige Verein Fearless Democracy des – laut Selbstbeschreibung – Digitalmarketing-Strategen und Politologen Gerald Hensel; dort ist eine seiner weiteren Aktionen beschrieben. Für sein jüngstes Projekt „HateAid“ sucht man gerade „eine/n Gründungsgeschäftsführer/in“. Hensel hat sich inzwischen, wie auch immer er das gemacht hat, relevanten Entscheidungsträgern erfolgreich angedient. Im März war er Gast der Telekom Telegraphen Lounge: „Zerstören Soziale Medien unsere Gesellschaft?“ Weitere Teilnehmer: Die Netz-Sprecherin der Grünen, MdB Tabea Rößner, und Stephan G. Humer von der Hochschule Fresenius. Aktuell tritt Hensel als „Experte“ in der 3sat-Dokumentation „Die Rechte Wende“ auf. Letztes Jahr war er bei Scholz & Böhmermann. Hensels Werbung für eine Petition von seinen „Freunden bei Campact“ kurz vor der Wahl zum Hessischen Landtag rundet das Profil ab. 

 

Die vorgeblichen Kämpfer für „inklusive Demokratie“, die unentwegt an Exklusion arbeiten, scheinen sich ihrer Gemeinnützigkeit bombensicher zu sein. „Fearless Democracy ist natürlich nur eine Möglichkeit nachhaltig politisch aktiv zu werden“, steht dort ganz unverblümt. Die Unterstützung kommt wohl aus machtstrategischen Gründen von ganz oben. Es gab mal politisch seriöse Zeiten, möchte man sich erinnern. Ludwig Erhard pflegte eine gesunde wie konsequente Distanz zu Verbänden: „Interessenorganisationen“ könnten „auch zu wachsender Unmündigkeit der Menschen führen“. Die Gruppen entstammten zwar dem Bedürfnis des Einzelnen, private Ohnmacht zu überwinden und politisch handlungsfähig zu werden; „aber es ist auch nicht zu verkennen, daß die so geschaffene Apparatur ständig der Versuchung unterliegt, die von ihr vertretenen Menschen nach ihrem Willen zu lenken.“ Es erwachse kein organisches Ganzes, solange die Beteiligten der Devise huldigen: nur das sei recht, was ihnen nütze. „Ich erkläre, daß sich die Bundesregierung aus ihrer besonderen Verantwortung keinem Zwang und auch keiner offenen oder versteckten Drohung zu beugen gewillt ist.“ (Seite 4193)

 

Hinweis zum verlinkten FAZ-Beitrag: Im Fall der Gemeinnützigkeit von Attac ist das letzte juristische Wort noch nicht gesprochen.

 

Nachtrag vom 26.2.2019: Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden: die Arbeit von Attac gilt steuerrechtlich nicht als gemeinnützig. "NGO-Vertreter sind entsetzt – sie sprechen von einem Angriff auf die Zivilgesellschaft ... In der ersten Instanz vor dem hessischen Finanzgericht im Jahr 2016 hatte Attac noch Recht bekommen. Diese Entscheidung hat der BFH in der Revision nun kassiert und das Verfahren an das Finanzgericht zurückverwiesen."

 

Nachtrag vom 8.5.2019: Antwort der Bundesregierung zur "Gemeinnützigkeit von Organisationen im politischen Raum" - Landesfinanzbehörden sind zuständig.


7.9.2018

Seenotrettung ohne öffentliche Mittel?

 

In punkto Transparenz sind die Antworten der Bundesregierung auf parlamentarische Anfragen auch nicht mehr das, was sie mal waren. Auf eine Kleine Anfrage zur „Finanzierung von zivilen Organisationen der Seenotrettung im Mittelmeerraum“ heißt es: „Nach Kenntnis der Bundesregierung haben keine der in Frage 1 genannten Nichtregierungsorganisationen (NRO) oder weitere vergleichbare Organisationen eine Unterstützung aus öffentlichen Mitteln erhalten.“

 

Nimmt man SOS Mediterranée genauer unter die Lupe, ist schnell erkennbar, dass deren Arbeit nicht unwesentlich von der Unterstützung der AWO International, ein Fachverband der Arbeiterwohlfahrt, lebt. Zur Finanzierung heißt es im Jahresbericht 2016 auf Seite 16: „Budget 2016: 349.900 € • Förderer: Spenden, Eigenmittel, Aktion Deutschland Hilft.“ Zu den Eigenmitteln trägt vor allem das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung bei. Dort heißt es: „Bei der Finanzierung ihrer entwicklungspolitischen Arbeit werden die NROs aber auch von staatlichen Stellen unterstützt. Kommunen, Bundesländer, das BMZ, aber auch die Europäische Union und die Vereinten Nationen können auf Antrag Geld für die Arbeit der NROs zur Verfügung stellen. Diese Fördermittel sind eine wichtige Ergänzung der Eigenmittel der NROs. Bei vielen Maßnahmen von NROs besteht der Hauptanteil der finanziellen Mittel aus solchen staatlichen Zuschüssen. Das BMZ hat die Vorhaben der privaten Träger im Jahr 2014 mit fast 64 Millionen Euro gefördert.“ Besondere Projektmittel bekommen Sozialstrukturträger, zu denen die AWO International gehört. 

 

Für die Projekt-Managerin bei SOS Mediterranée ist klar: „Ein Schiff in Betrieb zu halten, kostet sehr viel Geld: Pro Monat geben wir für den Einsatz der ‚Aquarius‘ rund 300.000 Euro aus. Die größte Herausforderung ist, genug Spenden zu sammeln, um das Projekt am Leben zu halten. Zum Glück haben wir einige institutionelle Partner wie AWO International.“ Dass übrigens hiesige Wohlfahrtsverbände inklusive AWO für die Durchführung internationaler Aufgaben sowie für Beratung und Betreuung von Flüchtlingen und Auswanderern mit knapp 30 Millionen Euro Steuer-geld – allein von bundespolitischer Ebene – bezuschusst werden, geht aus dem Entwurf des Haushaltsgesetzes 2018 hervor. Wie sich die organisationsinterne Verteilung der Gelder konkret darstellt, ist damit noch nicht festgestellt. Dass aber – zwischengeschaltete Verbände berücksichtigt – beim Betrieb der SOS Mediterranée eine Unterstützung aus öffentlichen Mitteln überhaupt keine Rolle spielt, wie es die Bundesregierung in ihrer Antwort vermittelt, darf hinterfragt werden.


31.7.2018

Sie retten auch ohne Seenot

 

Nachdem sich Deutschland seinen Septemberzweitausendfünfzehn ins Land gezogen hat, besorgen NGOs den Spaniern ihren Julizweitausendachtzehn: „Seenotretter bringen fast täglich neue Flüchtlinge an die spanische Costa de la Luz. Die Regierung versichert, dass sie die Situation im Griff habe, doch Beobachter sprechen von einem ‚Kollaps‘.“ Kurz zuvor stürmten bis zu 700 Migranten Spaniens Nordafrika-Exklave Ceuta. „Laut Polizei gingen sie ‚brutal wie nie zuvor‘ zu Werke.“ Die geballte Aggressivität wird nicht nur dort verweilen. Das Spiegel-Online-Format Bento bläut der Jugend in einer ganzen Serie von Artikeln ein, warum das alles so sein müsse und liefert nebenbei eine bemerkenswerte Info. Ein Seenotretter in der Straße von Gibraltar sagte den Bento-Redakteuren: „Fast alle Menschen, die in Marokko losfahren, retten wir – selbst wenn die Menschen nicht in Seenot geraten.“ Ein wohltuend differenzierter, wenn auch streckenweise etwas abgehobener Beitrag zu den Aktionen auf dem Mittelmeer bietet die Welt. Ein Auszug daraus: „Einerseits tut jede Regierung im Namen des Multilateralismus gut daran, die Auswirkungen ihres Handelns auch auf diejenigen zu berücksichtigen, die außerhalb ihrer Grenzen leben: Politische Gemeinschaften haben auch eine externe Verantwortung. Andererseits ist jede Regierung aber qua Regierungsauftrag in besonderer und stärkerer Weise ihren eigenen, schon vorhandenen Bürgern verpflichtet. Das Gemeinwesen muss stabil bleiben.“ Ein Leser dazu: „Insgesamt führt das Wissen der Migranten über die Aktivitäten der NGOs zu deutlich mehr Todesfällen, als wenn man das ganze einstellen und Hilfe vor Ort leisten würde.“ Ein anderer: „Man spürt die Sympathie des Autors für die angeblichen ‚Helfer‘. Dabei beschreibt er sie, wie man Triebtäter beschreibt. Wenn dem tatsächlich so wäre, möchte ich vor diesen Leuten vom Staat geschützt werden, denn sie wissen nicht, was sie tun.“

 

Nachtrag vom 2.8.: Laut dieser Antwort der Bundesregierung sind folgende NGOs zur Seenotrettung mit Sitz in Deutschland bekannt: SOS Mediterranée, Save the Children, Sea Eye, Seawatch.org, Jugend Rettet, Mission Lifeline und Lifeboat. "Nach Erkenntnissen der Bundesregierung wurden im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei im Jahr 2017 zwei Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit NGOs geführt."


28.6.2018

"Bewusst geschaffene Seenot"

 

"Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen der deutschen Hypermoral, die Boote im Mittelmeer finanziert und dem Sieg der Rechten in Siena und der Toskana: Die so genannten Rettungsschiffe kreuzen kurz vor der lybischen Küste und nehmen dort die Migranten auf, die von Schleppern in Boote gesetzt werden, die keine 20 km fahren können. Das ist bewusst geschaffene Seenot, keine Rettung. Es soll eine Situation geschaffen werden, die dazu zwingt, die Überfahrt nach Europa zu gestatten", so Boris Palmer in einem Gastbeitrag bei kath.net. Die Diskussion verweigerten aber auch jene, "die alle Migranten als Invasoren beschimpfen". Statt sich gegenseitig aufzuschaukeln, solle man nüchtern über Probleme und Lösungen diskutieren.


19.6.2018

„Happy End und jede Menge Schweigen“

 

Das ist ja gutmütig: Am 11. Juni gibt der Trägerverein „Refugio“ des „Café Zuflucht“ bekannt, er müsse Insolvenz anmelden. Es handelt sich um die größte Beratungsstelle für Flüchtlinge in NRW mit 3.000 Klienten in 2017. Grund: Fast 90 Prozent der Fördergelder wurden nicht ausgezahlt, weil die Staatsanwaltschaft gegen zwei Mitarbeiter der Einrichtung wegen Verdacht der Beihilfe zur Schleusung von Ausländern ermittelt. Bis zur Aufklärung gebe es keinen Bewilligungsbescheid, so das Düsseldorfer Integrationsministerium. Die Betreiber befürchten schon „einen massiven Anstieg bei den Abschiebungen“. Zwei Tage später dann: die „Rettung in letzter Sekunde“: „Die Landes-zuschüsse in Höhe von 70 Prozent des Etats fließen doch.“ Es gab nämlich ein kurzfristig anberaum-tes Gespräch im Integrationsministerium. Und danach: „klare Absprachen“, über die Inhalte des Gesprächs Stillschweigen zu bewahren; auch gegenüber Journalisten. „Damit das auch wirklich funktioniert, spricht das Ministerium vorsichtshalber in Form einer ‚gemeinsamen Erklärung‘ gleich mal für den Trägerverein mit“, berichtet die Aachener Zeitung weiter: „Man habe ein ‚vertrauliches Gespräch zu den Umständen eines staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens und den Auswirkungen auf die Förderung des Vereins durch das Land geführt‘.“ Wichtige Aspekte und Bedingungen für eine Weiterförderung sind jetzt geklärt. Da die Refugio-Vertreter erklärten, mit den Tatvorwürfen nichts zu tun zu haben, und an der Aufklärung aktiv mitwirken wollen, setze das Land die Förderung nun weiter fort. Ob trotz des netten Auftritts der kooperativen Leute und trotz dessen, dass doch jetzt alles wieder gut ist, die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen fortsetzt, ist nicht explizit benannt.


14.5.2018

Abschiebesabotage konkret

 

Wer sich ein konkretes Bild davon machen will, was Alexander Dobrindt mutmaßlich mit den „Abschiebesaboteuren“ meint, die in Form einer „unsäglichen Allianz von Zwangsideologen und Partikularinteressen“ die Mittel des Rechtsstaats nutzen, „um ihn durch eine bewusst herbeigeführte Überlastung von innen heraus zu bekämpfen“ und damit den gesellschaftlichen Frieden aufs Spiel setzen, der wird zu Genüge im Netz fündig: Bei Vice las man bereits 2015 unter dem Titel „Wie man eine Abschiebung verhindert“: „Osnabrück gilt unter den Insidern der Abschiebegegner als Vorzeigestadt … Ein breites Bündnis aus Kirchen, sozialen Trägern und linken Gruppierungen stellt sich hier mit schöner Regelmäßigkeit den Behörden in den Weg. Das Bündnis No Lager Osnabrück unterhält Beziehungen zu allen wichtigen karitativen Einrichtungen der Stadt, die sich mit Flüchtlingen beschäftigen.“ Das Bündnis fordert „Bewegungsfreiheit für jeden Menschen, auf allen Ebenen und zu jeder Zeit“. Dessen Erfolg habe auch „durchaus mit dem Wohlwollen der Osnabrücker Polizei zu tun, die in mehreren Stellungnahmen erklärte, dass man Verständnis für die Blockierer habe“. Landesinnenminister Boris Pistorius sehe „keinen Anlass, das Vorgehen der Polizei zu ändern“. Weniger nett sei der Magdeburger Oberbürgermeister Lutz Trümper: „OB Lutz Trümper – sieht aus und benimmt sich wie ein Bond-Bösewicht“, steht unter dessen Bild. 

 

A propos Bösewicht betrachte man gerne das Konterfei in dieser Broschüre vom Refugee Movement. Im zugehörigen Comic steht: „Ich kann Ihnen ja erzählen, wie sich andere Menschen in Ihrer Situation verhalten haben, um eine Abschiebung zu verhindern oder zumindest zu verzögern. Dabei mussten sie des Öfteren gegen Gesetze verstoßen.“ Tipps zum Lügen gibt es mit der Denkblase „Wenn ich meinen Pass abgebe, kann ich abgeschoben werden. Also, ..“ und der folgenden Sprechblase: „Ich kann Ihnen meinen Pass nicht geben, da ich ihn jetzt gar nicht bei mir habe.“ Ein Iraner im Comic fragt dann eine Blondine: „Kann ich dir meinen Pass geben, damit du den eine Weile für mich verwahrst?“ Und die antwortet: „Kein Problem. Das wird dann wohl eine Weile dauern, wenn sie versuchen sollten, dir einen neuen Pass zu besorgen.“ In zahlreichen Sprachen informiert nodeportation.antira.info: „Am wirksamsten können sich Menschen selbst gegen ihre Abschiebung wehren, indem sie sich im Flugzeug nicht hinsetzen … Erfolgversprechend kann auch der Weg über die Fluglinie selbst sein. Sicherheitsbeauftragte sind verpflichtet den Kapitän gezielt auf ‚Gefahr für die Bordsicherheit‘ hinzuweisen.“ Weitere Gruppen aus dem „Antira-Spektrum“ sind hier gelistet. Die Aktion Bleiberecht informiert über konkrete Abschiebetermine. Das Freiburger Forum ruft alle in der Flüchtlingshilfe Engagierten auf: „Beteiligt euch in keiner Weise an Abschiebungen.“ Infos zu Aktionen der Flüchtlingsräte sowie zu den großen Rechtshilfefonds von Pro Asyl, Caritas & Co. bietet die Welt. Akademisches Futter für die kampfsportlich wirkenden Anti-Abschiebeaktionen kommt unter anderem von Unis und Professoren. Inwiefern Studierende der Sozialen Arbeit von denen eine schlechte Note bekommen, wenn sie die Sache anders sehen und das äußern, ist nicht evaluiert.


13.2.2018

Oxfam: Sexuelle Ausbeutung

 

„Oxfam genießt in der Entwicklungsbranche eigentlich einen guten Ruf“, schreibt die Frankfurter Rundschau. Das wundert nicht. Die Hilfsorganisation reiht sich ein in die Rufer nach einem „offenen Europa“; offen ausschließlich im Sinne: Menschen aus aller Welt seien unbegrenzt aufzunehmen. Ende Oktober 2015 hieß es – unter dem Motto „Ja, nichts wird so bleiben, wie es vorher war, und das ist gut so!“ – auf der Website von Oxfam Deutschland: „Dabei haben die Flüchtenden das System der Abschottung Europas gegenüber Einwanderung aus anderen Kontinenten mindestens vorläufig zum Einsturz gebracht.“ Sogar die Beschlagnahmung leer stehender Wohnungen wird diskutiert, freute man sich bei Oxfam: „Erst durch die Massenbewegung der Flucht aus Krieg und Armut, ändert sich die Politik und es kommt zu bereits lange geforderten Eingriffen des Staates in die Wohnungspolitik, die bisher nicht durchsetzbar waren.“ Der Leiter Kampagnenarbeit von den Koalitionsverhandlern fordert zum Beispiel: „Der Familiennachzug darf weder ausgesetzt noch eingeschränkt werden; eine zahlenmäßige Obergrenze darf es hier nicht geben.“

 

Während die Hilfsorganisation damit wirbt, „das öffentliche Bild von sexualisierter Gewalt“ etwa in Südafrika zu ändern, wird nun bekannt: Angestellte von Oxfam missbrauchten in Krisengebieten von ihrer Gunst abhängige Prostituierte. Die britische Oxfam-Vizechefin trat bereits zurück. Eine Beschneidung der „Millionen Pfund an Steuergeld“ wird diskutiert. Nach Missbrauchsfällen im Jahr 2011 wurden zwar vier Mitarbeiter entlassen, kommuniziert hatte man die Sache aber nur als „Fehlverhalten“. Eine Folge davon, laut britischen Medien: „So konnten die Betroffenen ungehindert bei anderen Hilfsorganisationen anheuern.“ Dass sich Oxfam „aus rechtlichen Gründen außerstande“ gesehen haben soll, „anderen Firmen kritische Hinweise zu den entsprechenden Personen zu geben“, ist im Rahmen des allgemein geduldeten Denunziantenstadls geradezu lächerlich. Es wäre interessant, um den Verbleib der gekündigten Mitarbeiter zu wissen. Die sich stets moralisch erhaben gebende Hilfsvereine nutzen übrigens jeden kapitalistischen Kniff, um ihr Budget zu steigern. Das eine oder andere Prinzip ist dann plötzlich doch nicht mehr so wichtig. In der taz vom Mai 2016 war zur Auslistung von Fairtrade-Produkten in ihren Shops seitens Oxfam zu lesen: „Hauptaufgabe der Läden sei es, möglichst hohe Finanzmittel für die Arbeit der Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam Deutsch-land zu erwirtschaften. Der Verkauf gespendeter Kleider und Bücher erziele eine Gewinnspanne von 100 Prozent, der fair-gehandelter Produkte dagegen nur 20 bis 30 Prozent.“ Weiteres Budget erhält Oxfam von der EU, vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammen-arbeit und Entwicklung sowie vom Auswärtigen Amt, das „eng mit Oxfam Deutschland“ arbeitet.

 

Nachtrag: Deutsche Welle: "Topmanagerin bricht ihr Schweigen ... Mitarbeiter sollen Frauen, die in Oxfam Shops ehrenamtlich gearbeitet haben, zu sexuellen Handlungen als Gegenleistung für Unterstützung in Notsituationen gezwungen haben ... Allein sie habe von drei Fällen sexuellen Fehlverhaltens binnen 24 Stunden gehört ... 'Daily Mail' berichtete unter Berufung auf einen 'Whistleblower' von 123 Fällen sexueller Belästigung in Oxfam Shops in Großbritannien in neun Jahren." Einige Opfer seien erst 14 Jahre alt gewesen. Oxfam habe Vorstrafen der Shop-Mitarbeiter nicht geprüft. Außerdem: Verdacht des Betrugs und der Unterschlagung in Guatemala: "Unter den Festgenommenen ist auch der frühere guatemaltekische Finanzminister Fuentes, der jetzt Vorsitzender der Hilfsorganisation Oxfam" ist. (Deutschlandfunk) 

 

Nachtrag vom 14.2.: Guardian: "In den Oxfam-Fall sind weniger als zehn Männer involviert. Die mutigen und engagierten Bemühungen Tausender von Oxfam-Mitarbeitern haben unter oft grauenvollen und gefährlichen Umständen Millionen von Menschenleben gerettet. Sie und ihre Kollegen in anderen Hilfsorganisationen verdienen es, bestmöglich verteidigt zu werden." Ob es bei fast zehn Involvierten bleibt, ist abzuwarten. Schweizer SRF: "Es wird einfach weitergewurstelt ... Warum zeigt sich Oxfam nicht sensibler bei der Personalauswahl?"

 

Nachtrag vom 15.2.: "Ärzte ohne Grenzen" gibt sexuelle Übergriffe in den eigenen Reihen zu: 24 gemeldete Fälle letztes Jahr. 19 Mitarbeiter wurden entlassen. Die tatsächliche Zahl der Übergriffe könnte höher liegen. "Der südafrikanische Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu, die britische Schauspielerin Minnie Driver und der Sänger Baaba Maal aus dem Senegal gaben inzwischen ihre Ämter als Oxfam-Botschafter auf." Viele Spender stoppten ihre Zahlungen an Oxfam. "Die katholische Hilfsorganisation Cafod in Großbritannien entließ einen Mitarbeiter wegen 'unangemessenen Verhaltens'. Die Vorfälle ereigneten sich noch bei Oxfam, wo der Mann zuvor gearbeitet hatte. Man sei aber erst durch britische Journalisten auf die Vorwürfe gegen den Mitarbeiter aufmerksam geworden." (RP Online) Der Berliner Kurier teilt mit: Im Südsudan hätten sieben Prozent der Befragten von (versuchten) Vergewaltigungen berichtet. "An Aufklärung war Oxfam nicht interessiert." Oxfam-Chef Goldring: Gespräche über den Bericht führten zu nichts. Und die Zeit berichtet: Der Belgier Roland van Hauwermeiren, der im Mittelpunkt des Sex-Skandals bei Oxfam steht, wehrt sich gegen die Anschuldigungen. Er streite nicht alles ab, aber vieles, was berichtet werde, seien "Lügen und Übertreibungen".

 

Nachtrag vom 17.2.: Die NOZ schreibt: Ehemalige Oxfam-Mitarbeiterin berichtet von "Kultur, wo Mobbing weit verbreitet war, Frauen oft niedergemacht wurden und Rassismus alltäglich war, und das war nicht nur bei Oxfam so, sondern passierte in vielen Organisationen aus diesem Bereich ... Jedes Mal, wenn ich ein Problem klar angesprochen habe, hieß es, ich sei das Problem.“ Bei der MOZ heißt es: Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung: „Die Vorfälle führen dazu, dass Menschen in diesen Ländern die Grenzüberschreitungen als Fortsetzung kolonialer Beziehungen mit anderen Mitteln betrachten." Das International Rescue Comittee (gegründet von Albert Einstein zur Unterstützung deutscher Flüchtlinge vor dem NS-Regime) teilte mit, es habe in ihrem Umfeld drei Fälle sexueller Belästigung im Kongo gegeben.

 

Nachtrag vom 18.2.: "Ein Sprecher des Aussendepartements EDA sagt auf Anfrage, in den vergangenen fünf Jahren seien rund 20,4 Millionen Franken an Oxfam geflossen: 'Das EDA verbindet mit Oxfam langjährige, erfolgreiche Zusammenarbeit.' ... Aus der Schweiz gibt es für Oxfam auch künftig Geld." Es sei 'abscheulich', die Not hilfsbedürftiger Menschen auszunutzen. Zum jetzigen Zeitpunkt sei es aber verfrüht, die Zusammenarbeit zu beenden. Außerdem: Die britische Regierung streicht vorerst die Gelder (32 Millionen Pfund für Projekte) an Oxfam.

 

Nachtrag vom 20.2.: Zahlungen der Schweiz an Oxfam werden jetzt doch vorläufig eingestellt. Außerdem: Oxfam entschuldigte sich offiziell bei Haiti für die Ausbeutung.

 

Nachtrag vom 24.2.: "Haitis Regierung hat Oxfam die Arbeit im Land untersagt. Oxfam ist für zunächst zwei Monate suspendiert." Außerdem: "Am Donnerstag machte der niederländische Zweig des Kinderhilfswerks Plan International Vorwürfe wegen Sexualstraftaten öffentlich. Ein Plan-Angestellter sowie fünf externe Mitarbeiter seien fristlos entlassen worden, zudem habe man bei der Polizei Strafanzeige gestellt ... Am Donnerstag legte Forsyth nun seinen Posten als Vizechef bei Unicef in New York nieder" wegen sexueller Belästigung von Mitarbeiterinnen. 

 

Nachtrag vom 26.2.: Auch das Internationale Rote Kreuz im Kreuzfeuer: Am Freitag wurden 21 Mitarbeiter des Komitees entlassen. Grund: In den letzten drei Jahren kam es mehrfach zu sexuellem Missbrauch. "Die Organisation steht außerdem im Verdacht, dass es in mindestens sechs Fällen auch zum sexuellen Missbrauch von Kindern gekommen sei ... Seit 2006 verbietet der Verhaltenskodex des Internationalen Roten Kreuzes bezahlte sexuelle Dienstleistungen." 

 

Nachtrag vom 8.3.: "Missbrauchs-Skandal der Hilfsorganisation Oxfam scheint nur die Spitze des Eisbergs zu sein": Erschütternder Erfahrungsbericht bei: Deutsche Welle. Außerdem: Unter dem Hashtag #ReformAid und #Aidtoo: Appell an Hilfsorganisationen und die Öffentlichkeit: "Wir sorgen uns, dass die Kultur des Schweigens, der Einschüchterung und des Missbrauchs weitergehen wird, sobald die Aufmerksamkeit der Medien verblasst." Mehr bei Bento

 

Nachtrag vom 14.3.: Frauenrechtsexpertinnen  sollen Organisationsprozesse bei Oxfam unter die Lupe nehmen und verbindliche Empfehlungen zum Schutz vor Belästigung, Ausbeutung und sexuellem Missbrauch erarbeiten, so die Geschäftsführerin von Oxfam Deutschland im Bundestagsausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. 


7.2.2018

„Demokratie stärken" durch Ausschluss

 

Wer als interessierter Bürger verstehen will, wie so mancher Verein im Dritten Sektor tickt, der kann in der Erklärung von „ethecon“, Stiftung Ethik & Ökonomie, einer ausführlichen Argumentation folgen. Es fließen jedenfalls genug Spenden, um dort nun eine_n „anti-kapitalistischen NGO-Geschäftsführer_in“ mit anspruchsvoller Kompetenz einzustellen.