3.12.2016
Geberländer
Wer am Wochenende sein Englisch ein wenig trainieren will, der kann sich mal im „Donor Tracker“ umsehen: Eine Website mit Analysen zu den größten Geberländern der Entwicklungsarbeit in der OECD. „Germany is the 3rd-largest government donor spending US$18 billion in 2015”; noch vor der EU: “European Union institutions are the 4th-largest donor globally, with total ODA at US$13.8 billion in 2015.” Kritik an der gängigen Praxis der Entwicklungshilfe äußerte zum Beispiel der Leiter des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes in Ostafrika, Pater Endashaw Debrework, im Oktober vor dem Bundesentwicklungsausschuss. Er „hat die Europäische Union davor gewarnt, autoritäre Regime in Afrika durch Mittel der Entwicklungszusammenarbeit zu stützen“. Das Geld käme nicht Flüchtlingen zugute, sondern würde von den Regierungen für andere Zwecke missbraucht.
1.11.2016
Oettingers Affront
EU-Kommissar Günther Oettinger liegt im Trend, denn „Deutschland will die Annäherung an China zurückfahren“ (DWN). Das „Schlitzauge“ in seiner Rede in Hamburg wird ihm jedenfalls seitens des Bundeskanzleramts nicht wirklich übel genommen: Oettinger sei ein „ausgezeichnet qualifizierter“ Kommissar, heißt es dort. Die „etwas saloppe Äußerung“, die anderen Leuten eine nachhaltige Rufschädigung durch diverse Aktivisten eingebracht hätte, war in Hamburg nicht die einzige Unsäglichkeit. Wie das Video eines Teilnehmers belegt, belustigte Oettinger seine Zuhörer mit der Ausschweifung, Chinesen kämmten ihre Haare mit schwarzer Schuhcreme. Über die auffallend defensive Reaktion der EU-Kommission berichtet Vorarlberg Online.
11.10.2016
Wer Europa gestalten will: Ein Beispiel
Wer Einblick haben möchte in die selbst berufene kommende europapolitische Generation, kann sich das neue Hertie-Innovationskolleg ansehen. Es soll „einen Beitrag zum Gelingen des Zusammenlebens in Europa“ leisten. Auf der Website steht ein Beitrag von Christian Freudlsperger (Politikwissenschaftler): „Michel Friedman oder das politische Gespräch als Bewusstseinszustand“. Was nun folgt, ist keine Satire: „Mit raumgreifendem Gestus und narzisstisch beflügeltem Monster-Ego füllte Michel Friedman, der Abgott des deutschen Polit-Talks, die Herzen und die Hirne der Anwesenden bis oben hin an mit fruchtbaren Gedanken…Der Noel Gallagher des deutschen Fernsehens, der Rockstar des Polit-Business, stets nach vorne, immer auf dem Sprung und alert bis in die Haarspitzen: mit faszinierend ist die Kunstfigur Michel Friedman noch nicht einmal annähernd gefasst.“ Den Mut habe er „mit jeder Faser seines jugendlich sehnigen, im feinen Slim-Fit-Zwirn sinnlich drapierten Körpers“ vorgelebt. Der Autor dieses Textes promoviert an der Hertie School und steht in Verbindung mit dem DiEM25, kurz für: Democracy in Europe Movement 2025. Das Netzwerk stellte der griechische Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis Anfang dieses Jahres in der Berliner Volksbühne vor. Die Aktivisten wollen auch Nationalstaatlichkeit überwinden. Mit von der Partie sind: Wikileaksgründer Julian Assange, Linkepolitikerin Katja Kipping und Politaktivist Thomas Seibert: wie Kipping auch aktiv im Institut Solidarische Moderne, Sprachphilosoph Noam Chomsky und Soziologin Saskia Sassen.
Nachtrag 2018: "Der frühere griechische Finanzminister Yannis Varoufakis und der demokratische US-Senator Bernie Sanders arbeiten an einem weltweiten Bündnis linker Parteien und Gruppen. Die Bewegung mit dem Namen 'Progressives International' soll Varoufakis zufolge am 30. November in Vermont...aus der Taufe gehoben werden."
Nachtrag 2020: "Der Appell zu ihrer Gründung erfolgte im Dezember 2018 auf einer gemeinsamen Veranstaltung der Bewegung Demokratie in Europa und des US-amerikanischen Thinktanks Sanders Institute von Jane O’Meara Sanders. Offiziell gegründet wurde sie am 11. Mai 2020 zur Zeit der Covid-19-Pandemie, um 'erstarkendem Nationalismus' entgegenzutreten. Für September 2020 ist geplant, dass der Rat der P.I zu einem Eröffnungsgipfel in Reykjavik zusammenkommt." Erstunter-zeichner u.a.: Noam Chomsky, Carola Rackete, Yanis Varoufakis. "Außerdem ist eine Reihe von Organisationen und Medien der Progressiven Internationale beigetreten", um P.I. zu unterstützen.
16.9.2016
Operative Tätigkeit einer EU-Asylagentur?
Was haben führende EU-Politiker in Bezug auf die Verteilung der Flüchtlinge genau vor? Die interessantesten EU-Dokumente gibt es bezeichnenderweise nicht auf Deutsch. Ein Aspekt geht jedoch aus dem „Europabericht der Vertretung des Freistaates Bayern bei der EU“ vom 13. Mai hervor. Dort steht auf Seite 10: „Als dritte Säule schlägt die Kommission eine Überarbeitung der Verordnung (EU) Nr. 439/2010 zur Einrichtung eines Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) [KOM(2016)271 endg.] vor.“ Formuliertes Ziel: das EASO in eine EU-Asylagentur mit erweitertem Mandat umzuwandeln. Das EASO soll anschließend erstmals „auch operativ tätig“ werden. Im Fall einer „Notfall-Intervention“ könne die Agentur „unter bestimmten Voraussetzungen auch gegen den Willen eines Mitgliedstaats tätig werden“. Dieser Verordnungsvorschlag wurde am 4. Mai dieses Jahres vorgelegt. Das Prozedere steht dort.
1.9.2016
Irans elektronischer Vorhang
Im Iran ist man dabei, ein „nationales Internet” zu konstruieren und eigene Satelliten zu betreiben. Als Argument dient die Sicherheit. Für Unternehmen soll es eine kontrollierte Verbindung zum restlichen Internet geben. Für die Bürger ist der Zugang zu sozialen Netzwerken und Nachrichtendiensten weitgehend beschnitten. Facebook, Amazon und YouTube waren bereits im Vorfeld gesperrt. Das Land verstößt mit dieser Beschneidung der Freiheit und der Isolierung seiner Bürger gegen internationale Verpflichtungen. In der Politik stört man sich nicht daran. Gerade fährt wieder eine 50-köpfige Delegation aus Bayern dorthin, um Geschäftsbeziehungen zu vertiefen.
Zur Heuchelei siehe auch hier: "Jung-Grüne: Eine Iran-Reise als Karriere-Sprungbrett"
10.8.2016
Arabische Entschlossenheit
Gestern lief eine Doku über die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar auf arte: „Die flimmernde Macht der Emirate.“ Der Widerspruch zwischen dem dynamischen Vorpreschen in die Moderne bei gleichzeitigem Festhalten an archaischen Traditionen ist schon eklatant. Bilder von beeindruckender, prachtvoller Architektur und von Wissenschaft mit höchstem Bildungsanspruch stehen jenen von schwarz verhüllten Frauen gegenüber. Aufgrund ihrer Entschlossenheit zur Großmacht aufzusteigen werden die Araber kaum aufzuhalten sein. Das mit der Demokratie wolle man auf eigene Art regeln und verbittet sich Einmischung aus dem Westen. Sollte es um die stolze Prinzipienfestigkeit tatsäch-lich so bestellt sein, wäre ja ein Ausstieg aus der Mitgliedschaft der Vereinten Nationen konsequent. Die Doku stellt jedenfalls gute zukunftsgerichtete Fragen. Im Netz steht hier Teil I und dort Teil II.
2.8.2016
„Neuansiedlungsrahmen“
Die EU-Kommission will den besonderen Schutz zugewanderter Familien nochmals ausweiten. Ein neuer Familienbegriff für den Nachzug soll nun die Geschwister umfassen und laut Bericht der Welt könnte auch das als Familie gelten, „was sich unterwegs gebildet hat“: in Transitländer entstandene Familien. Dadurch entstehende Vervielfachungen der Migrationsströme in Form von Großfamilien würde das hiesige gewohnte Leben vollends aus den Angeln heben. Dem Wahnsinn zugrunde liegt die Migrationsagenda der EU. „Der künftige Neuansiedlungsrahmen soll durch jährliche EU-Neuansiedlungspläne umgesetzt werden, die vom Rat auf Vorschlag der Kommission angenommen“ und durch EU-Programme in die Praxis umgesetzt werden. Für jede neu angesiedelte Person fließen 10.000 Euro aus dem Migrationsfonds des EU-Haushalts. „Neuansiedlungen, die nicht durch den Neuansiedlungsrahmen der Union abgedeckt sind, werden nicht aus dem Unionshaushalt finanziert.“
16.7.2016
Nizza und die Schuld laut Tagesschau
Die Onlineausgabe der Tagesschau will gerade erklären, warum immer wieder Frankreich Opfer von Terroranschlägen wird. Neben den üblich gewordenen täter-opfer-umkehrenden Auslassungen, Muslime seien eben in Frankreich noch schlechter integriert und außerdem früher Opfer französischer Kolonialmacht gewesen, sucht man vergeblich nach dem Aspekt, der noch Ende letzten Jahres in etlichen Medien stand, zum Beispiel in der Weltwoche: Frankreich wurde vom IS wegen seiner Stellung als Zentrum der „Prostitution und Obszönität“ ausgewählt. Wenn die Tagesschau nun schon mal dem Westen mindestens eine Mitschuld gibt: warum nicht bezüglich der penetranten Sexualisierung der Gesellschaft?
27.6.2016
Steile Hierarchien sind out
Einer, der überhaupt nicht verstanden hat worum es geht: der Brüsseler ARD-Korrespondent: „Die EU wird dafür sorgen, dass diese Klarheit bald besteht“, ließ Rolf-Dieter Krause das Publikum bei Anne Will gestern herablassend wissen in Bezug auf die Frage, wann die englische Regierung das Austrittsgesuch einreicht – kam rüber wie: Die EU wird den ungezogenen Engländern schon zeigen, wer hier am längeren Hebel sitzt. Gerade dieses biedermännische Autoritätsgehabe hat das EU-Gebilde unsympathisch gemacht. Die Verantwortlichen wollen partout nicht wahrhaben, dass die Leute heute größtenteils bestens informiert sind und es daher völlig fehl am Platze ist, ihnen gegenüber den züchtigenden Schulmeister herauszukehren. Das ist ja eine schreckliche Atmosphäre, die dadurch produziert wird. Im Übrigen war der Einwurf von Ursula von der Leyen zu den Chancen der Jugend gut und schön, nur: bisher sind diese bei EU-Debatten nie im Fokus der Öffentlichkeit gewesen. Jetzt, wo man sie als Argument instrumentalisieren kann, spielen sie auf einmal eine Rolle.
24.6.2016
Brexit: Die Schuld blasierter Politiker
Vor zwanzig bis dreißig Jahren habe ich als Jugendliche die europäische Idee enthusiastisch gelebt: Als Au-Pair-Mädchen in Frankreich und England sowie als Teilnehmerin von internationalen Workcamps und EU-Projekten in Italien, zum Beispiel im Rahmen des Programms Leonardo da Vinci. Bis heute profitiere ich von diesen Erfahrungen, die meine neugierige Weltoffenheit fest geprägt haben und die mir niemand mehr nehmen kann. Heute reicht es mir schon nach kurzem Hinsehen, wenn in diversen Talkshows die ewig selben EU-Politiker mit ihrem blasierten Habitus auftreten oder ich von weiteren autoritären EU-Vorgaben, etwa der Kontrolle von Onlinemedien, erfahre. Mit der Aufbruchstimmung im Rahmen der europäischen Idee hat dies nichts zu tun, sondern eher mit einem Machtkartell, das Rechthaberei betreibt und seine Pfründe verteidigt.
Nachtrag vom 14.11.2018: "Britisches Kabinett stimmt Brexit-Entwurf zu...Die letzte Hürde ist damit aber nicht genommen...Sollten nun auch die Regierungschefs der 27 verbliebenen EU-Länder zustimmen, wäre der Weg frei für eine Abstimmung über das Abkommen im britischen Parlament. Dort formiert sich jedoch parteiübergreifender Widerstand gegen den Entwurf. Ob die Regierung eine Mehrheit erreichen kann, scheint zweifelhaft."
Nachtrag vom 22.1.2020: "Nach jahrelangem Streit hat das Brexit-Gesetz die letzte Hürde im britischen Parlament genommen.
Nachtrag vom 31.1.2020: "Historische Zäsur: Genau um Mitternacht (MEZ, 23 Uhr in London) erlischt nun Großbritanniens EU-Mitgliedschaft."
13.6.2016
Auswärtiges Amt: Hinweise zum Iran
Da in einigen Internetforen Unsicherheit besteht über die Kopftuchpflicht im Iran auch für Ausländerinnen, habe ich beim Auswärtigen Amt nachgesehen. Mit aktuellem Stand von heute ist dort in den Reise- und Sicherheitshinweisen unter anderem Folgendes zu lesen: "Es gab in der Vergangenheit einzelne Fälle von sexueller Belästigung in verschiedenen iranischen Städten, daher sollten besonders allein reisende Frauen darauf achten, sich nicht in menschenleeren Gegenden aufzuhalten... Die in Iran geltenden Gesetze und moralischen Wertvorstellungen sind unbedingt zu respektieren... Während des Ramadans ist tagsüber das Essen, Trinken und Rauchen in der Öffentlichkeit auch für Nichtmuslime verboten... Nach iranischem Recht ist das Zusammenleben von Mann und Frau in einer eheähnlichen Gemeinschaft ohne Eheschließung strafbar. Doppelstaater, deren Ehe in Iran nicht anerkannt ist, müssen bei Einreise eventuell mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen... Frauen müssen die islamischen Bekleidungsvorschrif-ten einhalten. Es müssen Arme und Beine bis zu Knöcheln bzw. Handgelenken bedeckt sein. Ein Mantel muss mindestens knielang sein und soll die weiblichen Körperformen verhüllen. Haare und Nacken müssen durch ein Kopftuch bedeckt sein. Es werden vermehrte Straßenkontrollen durchgeführt... Homosexuelle Beziehungen sind strafbar. Das gleiche gilt für sonstige sexuelle Handlungen, sofern sie außerhalb der Ehe ausgeübt werden. Nach iranischem Verständnis unzüchtiges Verhalten wird streng geahndet; teilweise ist es mit der Todesstrafe bedroht."
Hinweis: Die Reise- und Sicherheitsbestimmungen werden regelmäßig aktualisiert.
9.6.2016
Iran & Co.: Die neuen Genossen
Der Iran hat offenbar vor, demnächst wie eine Rakete wirtschaftspolitisch durchzustarten. Sogar die Arbeitswoche hat man dort neu organisiert: Bislang sind Donnerstag und Freitag frei, künftig soll das Wochenende auf Freitag und Samstag fallen. So ergeben sich mehr gemeinsame Arbeitstage mit der westlichen Welt. Bei der Werbung bekommt die aufstrebende Region deutsche Unterstützung. Im Dezember titelte eine Studie von Roland Berger und CMS – eine Wirtschaftskanzlei mit über 600 Anwälten und Steuerberatern – zum Iran nach Ende der Sanktionen: „Große Chancen für deutsche Unternehmen“ und nennt vier „Gründe, warum deutsche Unternehmen vom Iran profitieren könnten“. Auch der freundschaftlichen Zuneigung unserer Regierung, insbesondere des Bundeswirtschaftsministers Sigmar Gabriel, darf sich der Iran sicher sein, wie Gunnar Schupelius gerade berichtet: „Diese alten Freunde feuerten im März versuchsweise zwei Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite von 2000 Kilometern ab. Auf den Raketen war in hebräischer Schrift zu lesen: ‚Israel muss ausradiert werden‘.“ Nebenbei ist der Iran nicht nur Vollstrecker der höchsten Hinrichtungsrate pro Kopf weltweit (2015), sondern auch das einzige Land mit Kopftuchpflicht für Ausländer, wie in diesem Reisebericht geschildert. Weitere Kostproben aus diesem Land: Das Moralkomitee des iranischen Fußball-Verbandes hat seinen Nationaltorhüter Sosha Makani wegen einer im Internet gezeigten gelben Hose mit bunten Punkten für sechs Monate gesperrt. Unverhüllte, feiernde Frauen bekommen Peitschenhiebe, Schriftsteller werden verhaftet und verprügelt, wenn sie Frauen die Hand geben, Verbreitung von Musik, die nicht durch das Kulturministerium genehmigt wurde, wird mit Gefängnis und Elektroschocks bestraft.
Folgendes sollte man zur Einordnung der neuen Kooperation wissen: Laut den Deutschen Wirtschafts-Nachrichten (DWN) wird hierzulande eine „moralische Elfenbein-Diskussion“ nach der anderen zelebriert, obwohl es politisch tatsächlich „um knallharte wirtschaftliche Interessen“ gehe, nämlich um „einen tödlichen Kampf um die Vorherrschaft am globalen Energiemarkt“. Um die Machtstellung Russlands als „Hauptlieferant von Öl und Gas nach Europa“ zu brechen, wolle man künftig die „Europäer mit arabischem Öl und Gas“ versorgen. Die „Millionen an Vertriebenen aus Syrien nach Europa“ seien „das Ergebnis einer gigantischen ethnischen Säuberung, um wichtige Landstriche Syriens für den Pipeline-Bau vorzubereiten.“ Wer sich den militanten Söldnern entgegenstellt, werde ermordet. „Täter, Mitwisser, Wegseher, Ignoranten und Profiteure bilden eine unheilige Allianz“, so die DWN in ihrem eindringlichen Artikel.
Inzwischen hat der Präsident von Aserbaidschan im Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zugesagt, die EU – über die Türkei – spätestens ab 2020 mit Gas versorgen zu können. Über diesen „Südlichen Korridor“ fließe möglicherweise „künftig auch Gas aus Iran Richtung Westen“, erfährt man über das luxemburgische Tageblatt. Das konkurrierende „South-Stream-Projekt“ des russischen Präsidenten, das Gas über Bulgarien in die EU liefern sollte, hat Putin nach Einwänden der EU-Kommission gestoppt. Polen und Italien hätten laut diesem Medium lieber eine Gasanbindung Südeuropas aus dem Osten. Dennoch hat Italien den Widerstand gegen die Verlängerung der Russland-Sanktionen gerade aufgegeben, wie die DWN mitteilen: „Welches Gegengeschäft mit Italien vereinbart wurde, ist nicht bekannt.“ Derweil habe Merkel Russland zum Rivalen von Deutschland erklärt. Vor diesem Hintergrund ist sowohl das monatelange übertriebene Russland-Bashing als auch die islamophile Propaganda seitens Politik und Medien zumindest sinnig. Die Interessen der Bürger werden damit sicher nicht vertreten.
Anmerkung: Wer Genaueres über die Änderungen der Iransanktionen wissen will, wird im Merkblatt des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle fündig (Infos über diese Seite).
Nachtrag: "Bei Olympique Marseille bahnt sich eine Übernahme aus dem Iran an." Ein interessierter Investor verhandelt mit der Verwaltungspräsidentin, es geht um 100 Millionen Euro. Außerdem hat ABO Wind begonnen, im Iran, der auf erneuerbare Energien setzt und bis 2018 zusätzlich 4.500 Megawatt Windkraft und 500 Megawatt Solar installieren will, Windparks zu planen. So eine PM nach dem Besuch von Irans Generalkonsul des Windparks im Taunus. So weit auch als Antwort auf die Frage der BZ, warum die Stiftung Preußischer Kulturbesitz in "Berlin die Antisemiten aus dem Iran als Ehrengäste" einlädt.
27.4.2016
Zur Herkunft des EU-Türkei-Abkommens
Auch mal ganz interessant zu wissen: Die Idee für das EU-Abkommen mit der Türkei stammt vom Chef der Europäischen Stabilitätsinitiative (ESI) Gerald Knaus. Die ESI ist eine seit 1999 agierende Denkfabrik mit Hauptsitz in Berlin. Mitte September 2015 erschien ein entsprechendes Positionspapier. Der darin formulierte Lösungsvorschlag entspricht dem im März beschlossenen EU-Abkommen, obwohl bei diesem Vorschlag „viele Fragen offen“ sind; unter anderem, ob die Türkei ihren Part des Abkommens erfüllt: „Wer traut noch dem Wort des Autokraten von Ankara, Tayyip Erdogan – selbst wenn der sein Wort gäbe?“ Die realistischen Bedenken standen im Raum, trotzdem nahmen die Dinge ihren Lauf. Letztlich spielte vielleicht auch, wie so oft in der Politik, die dadurch eigentlich keine mehr ist, persönliche Eitelkeit eine Rolle. Die Main-Post fragte den ESI-Chef im Februar: „Sind Sie der Drehbuchautor für Merkels Flüchtlingspolitik?“ Gerald Knaus: „Ich hoffe es.“
21.4.2016
Alles schon mal da gewesen
Erdogan lässt keinen Zweifel daran, dass er seine Trümpfe ausspielen wird: „Die Europäische Union braucht die Türkei mehr als die Türkei die Europäische Union braucht“, sagt er und rechnet damit, dass die Visumpflicht für türkische Bürger ab Juli aufgehoben ist. Falls nicht, sehe sich die Türkei nicht verpflichtet, Zusagen einzuhalten. Der verschwurbelte Türkeideal sieht die Visa-Liberalisierung tatsächlich vor. Allerdings erst nach Erfüllung etlicher Bedingungen. Dazu gehört Bekämpfung der organisierten Kriminalität und Korruption. Ein Fortschrittsbericht wird am 4. Mai vorgestellt. Dann entscheidet die EU über die Sache. Die Deutsche Welle dazu: „Die Kommission sieht die Sache positiv: Wenn die Türkei bis Anfang Mai alle vorgeschriebenen Bedingungen erfüllt, wird ein entsprechender Gesetzesvorschlag veröffentlicht, sagt Avramopoulos. Und er glaubt daran, dass die türkische Regierung das schafft…Vor wenigen Wochen noch hatten Kommissionssprecher dazu erklärt: Die Türkei erfülle etwa die Hälfte der Anforderungen. Inzwischen aber will Kommissar Avramopoulos von solcher Erbsenzählerei nichts mehr wissen.“ Demnach lässt die EU keine Zweifel daran, dass sie – trotz aller historischer Erfahrung – einem abgefeimten Imperialisten den Weg ebnet.
Siehe auch: Es ginge bei dem Deal mit der Türkei in Bezug auf die Flüchtlingsaufnahme auch um eine "geopolitische Ausrichtung gegen Russland", schreiben die DWN. Es bleibt der Spekulation überlassen, inwiefern die Humanität bei diesem Geschäft noch eine Rolle spielt. Zum Hintergrund
siehe auch strom-magazin.de: Gasförderung ist hochpolitisch. Iran wetteifert mit Saudi-Arabien um Führungsrolle am Golf, französische Großbank warnt vor geopolitischen Spannungen. Für die Lieferung nach Europa müsse Iran weiter mit der Türkei bei der TAN Pipeline arbeiten. Problem: Wegen der Standpunkte im Syrien-Konflikt stecken beide Nachbarn in einer politischen Krise.
Nachtrag 2018: "Funktioniert der EU-Türkei-Deal zur Reduzierung der Flüchtlingsströme nach Europa überhaupt noch richtig? Fakt ist: Aus der Türkei kommen wieder deutlich mehr Migranten in die EU!" - Anstieg um 43 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum
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