Dritter Sektor = soziale Organisationen neben Staat (erster Sektor) und freier Wirtschaft (zweiter Sektor), die Aufgaben übernehmen, wo der Staat Verantwortung abgibt.                          Quelle


23.12.2016

Akademische Wahrnehmungsstörung

 

„Meine These ist, dass diese Bedrohungswahrnehmung sehr stark konstruiert ist.“ Die Wahr-scheinlichkeit von einem Terroranschlag bedroht zu werden sei geringer als im Straßenverkehr: sagt ein Vertreter der postmigrantischen Theoriebildung  beim Vortrag zum „Zusammenhang von anti-muslimischem Rassismus und der spezifischen Bedrohungsperzeption eines islamistischen Terrorismus“ in der Evangelischen Akademie Tutzing. Die Debatte werde „im Moment vor allem von gefühlten Wahrheiten bestimmt“, heißt es auf der Website der Akademie. „Es sollte nicht darum gehen, Ängste zu schüren“; bedeutet in der Konsequenz: Kopf in den Sand stecken und über anderweitige bedrohliche Vorfälle nicht mehr berichten. Es sei klar, so weiter: „Man muss den Menschen Handlungsalternativen bieten. Dafür muss man mit ihnen sprechen. Das ist die Verantwortung, die die Gesellschaft trägt, um der Gewalt etwas entgegensetzen zu können.“ Nun denn: Möge die Akademie wenigstens einige der in Deutschland weilende tausende Terrorverdächtige zum Gespräch einladen und ihnen Handlungsalternativen aufzeigen. Sie warten sicherlich sehnlichst darauf, auch wenn sie das nicht gleich zugeben würden. Aufgrund häufig fehlender postalischer Erreichbarkeit böte sich ein öffentlich lanciertes Gesprächsangebot, großformatig, etwa über die Süddeutsche Zeitung, an.  


22.12.2016

Zur Ambiguitätstoleranz der postmigrantischen Allianz

 

Historiker der Universität Paderborn suchen für einen Workshop Mitte 2017 „geflüchtete und nicht-geflüchtete Historiker*innen, Geschichtslehrer*innen und Geschichtsdidaktiker*innen“. Ziel des Workshops: Ein Austausch über „Anforderungen an Konzepte historischen Lernens in der postmigrantischen Gesellschaft“. Die Organisatoren weisen die Annahme als „irrig“ zurück, einer homogenen Aufnahmegesellschaft stünden ebenfalls nach Nationen oder Religion als homogen sortierte Geflüchtete entgegen. Eine postmigrantische Verfechterin ist Naika Foroutan, Professorin für Integrationsforschung und Gesellschaftspolitik an der Humboldt-Universität  sowie stellvertretende Direktorin des Instituts für Integrations- und Migrationsforschung. Bei den Nürnberger Tagen für Integration 2015 referierte die Professorin zum Thema „Deutschlands Einstellungen zur postmigrantischen Gesellschaft“  – hier auch im Video. „Ab dem Moment, ab dem ein Land wie Deutschland sich als Einwanderungsland bezeichnet“ und dies allgemein akzeptiert ist, sei dieses postmigrantisch, so die These; um mehr handelt es sich auch nicht.

 

Gegen Pegida stünden „wir als postmigrantische Allianzen“, wie sodann die linksaktionistischen Gegendemonstranten beschrieben werden. Man solle den Blick „ausweiten, postmigrantisch auf die gesamte Gesellschaft schauen und eine integrative Leistung aller einfordern“; und dies „vielleicht auch in politische Prozesse konkret hineindenken“. Merkmal der postmigrantischen Gesellschaft: „Aus der Migrationssoziologie wissen wir, was die erste Einwanderergeneration häufig von sich selbst denkt: Sie ist aus einem schlimmen Zustand geflohen oder freiwillig weggegangen und erst einmal dankbar. Und den Kindern wird vermittelt, ebenfalls dankbar zu sein, sich hinten anzustellen und nicht besonders aufzufallen, denn: ‚Wir sind erst dazugekom-men.‘ Kinder der dritten Generation fragen sich dann aber schon, wofür sie dankbar sein sollen.“

 

Ein weiteres Merkmal: Die „Ambiguität, das gleichzeitige Vorhandensein unterschiedlicher Bot-schaften“, bezieht sich Foroutan auf die Identitätspolitik der Migrantenorganisationen: „Da kommen auf der einen Seite neue Gruppen wie die ‚Initiative Schwarzer Deutscher‘ auf, die gleichsam sagen: ‚Ich bin da. Du sollst mich sehen und ich kennzeichne mich, damit du mich siehst.‘ Auf der anderen Seite gibt es Initiativen wie ‚DeutschPlus‘, für die Herkunft nicht mehr zählt und deren Anhänger nicht mehr als Migrantin oder Migrant angesprochen werden möchten. Beides geschieht gleichzeitig und ist gleich legitim, steht aber zueinander in Kontraposition.“ Dieser Widerspruch ist nun nicht Anlass für eine kritische Überprüfung der eigenen Theoriebildung: er wird kurzerhand mit einem weiteren Begriff legitimiert: „Was wir da erlernen bzw. aus dieser Entwicklung für den politischen Bildungsprozess ableiten müssen, ist mehr Ambiguitätstoleranz.“ Ein Wort als perfekte Ausrede, mit der man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt. Logisch fehlerhafte Theorien entziehen sich damit einer Rechtfertigung gegenüber eventuellen Kritikern, denen gleichzeitig vorgeworfen werden kann, sie seien nicht ausreichend ambiguitätstolerant. So einfach kann Wissenschaft heute sein; und so nachsichtig die Integrationserwartung an Zugewanderte. 

 

Zu guter Letzt gelte es auch aufgrund des Misstrauens gegenüber Eliten und Medien neue Formate zu entwickeln. „Deswegen müssen wir nach neuen Scharnieren suchen, um unsere Erkenntnisse zu verbreiten. Und wir glauben, dass diese Scharniere der öffentliche Dienst, die Verwaltung, aber vor allen Dingen Menschen sind, die jeden Tag Kontakt mit der Bevölkerung haben: Lehrerinnen und Lehrer, Polizistinnen und Polizisten. Man kann darüber nachdenken, wie man sie in dieses demokratische Wissen einbeziehen kann.“ Was Deutsch-Sein heute bedeutet, könne man sich jedenfalls „nicht von Leuten definieren lassen, die mit schwarz-rot-gold leuchtenden Kreuzen durch die Städte spazieren“. Noch deutlicher wird das Demokratieverständnis der Professorin nach einem Vortrag im August im Rahmen der Migrationskonferenz in Hannover: „Postmigrantische Gesell-schaften sind Aushandlungsgesellschaften. Die etablierten kulturellen, ethnischen, religiösen und nationalen Eliten müssen lernen, dass Positionen, Zugänge, Ressourcen und Normen neu ausgehan-delt werden. Alle Seiten müssen sich diesem Aushandlungsprozess öffnen – das heißt auch für die ‚Etablierten‘, dass sie sich an die Aushandlungsgesellschaft gewöhnen und in diese postmigranti-sche Struktur integrieren müssen.“ Die These wird also quasi als soziologische Anordnung von sogenannten Forschern gesetzt – von demokratischem Zustandekommen weit und breit keine Spur.

 

Foroutan bekam 2011 den Berliner Integrationspreis für ihre Positionierung zu Thilo Sarrazins Buch „Deutschland schafft sich ab“, 2012 den Wissenschaftspreis der Fritz Behrens Stiftung und 2016 den Höffmann-Wissenschaftspreis für Interkulturelle Kompetenz. Zumindest eine kleine Kritik zur postmigrantischen Begriffsbildung kommt vom Bamberger Soziologen Friedrich Heckmann, der bei seinen Kolleginnen wenig Resonanz finde, „weil viele den Nationalstaat schon lange als Auslaufmodell ansehen, das in einem vereinten Europa aufgehen werde“: „Einige Sozialwissenschaftler waren vielleicht in post-nationalen Verhältnissen angekommen, aber nicht die Realität der Verhältnisse und auch nicht die Realität des Bewusstseins der großen Mehrheit der Bevölkerung. Die Menschen leben noch selbstverständlich in den Nationen.“


1.12.2016

Migration: Markt der unbegrenzten Spielmöglichkeiten

 

Die Kampagne „VisaWie?“ setzt sich für die „Beseitigung postkolonialer Strukturen“ ein, geht von unfairer Visavergabepraxis in Europa aus: „Visaanträge von Menschen aus Ländern des Globalen Südens werden überdurchschnittlich häufig und fast regelmäßig mit der Begründung angeblich fehlender ‚Rückkehrbereitschaft‘ abgelehnt. Die Visavergabe wird so zum Mittel rassistischer und machtmotivierter Ausgrenzung von Menschen, die aus beruflichen oder privaten Gründen die Grenze nach Europa überschreiten möchten.“ Die Kampagne finanziert sich jetzt auch mit dem Verkauf eines Reisepass-Quartetts. In einem früheren Artikel dazu stand: Die Spieler haben damit „die Möglichkeit, den aufregenden Alltag der Visavergabepraxis“ nach Hause zu holen: „Kontrolliere und konfisziere die Reisepässe deiner Mitspieler*innen. Werfe ihnen bei Bedarf vor, sie wären nicht rückkehrbereit, oder passe die Vergabepraxis zu deinen Gunsten ans aktuelle Zeitgeschehen an.“ Jede Reisepass-Karte enthält Länderinformationen. Ob dort wohl auch was zur Praxis des öffentlichen Auspeitschens oder zur Zwangsverheiratung minderjähriger Mädchen steht?           Interview z. Spiel 


28.11.2016

Ohne jedes Maß

 

Für die ohnehin schon mit etlichen Milliarden bezuschusste Integration stellt nun auch noch die Gemeinnützige Hertie-Stiftung einen Deutschen Integrationspreis von über 200.000 Euro bereit. Die Stiftungsförderung wird erstmals mit Crowdfunding kombiniert – eine Methode, mit der etwa auch die Neuauszählung der Stimmen nach der US-Wahl in Wisconsin finanziert wurde. Neu für das Kuratorium der Stiftung berufen ist übrigens Maria Böhmer, Vorgängerin der Bundesintegrations-beauftragten Aydan Özoguz und heute Staatsministerin im Auswärtigen Amt. Relationen spielen keine Rolle mehr: Die Stadt Elmshorn zum Beispiel sieht sich noch nicht einmal in der Lage, 25.000 Euro pro Jahr für das Seniorenwohnen mit Service auszugeben. Absurd. Humanität geht anders. 


26.11.2016

Flüchtlingslotsen

 

Der von Italienern und Migranten gegründete Verein Universo leistet sicher sinnvolle Integrations-arbeit. Sein „innovatives Projekt“ ESOP  (European Structural Orientation Program) wirkt indessen wie ein Anwerbeverfahren für Deutschland: Als „Gegenmodell zu gegenwärtigen Tendenzen“ sollen Geflüchteten relevante Inhalte wie die Dublinverordnung und „Möglichkeiten der legalen (Weiter-)Migration“ sowie – „v.a. im Fall der angestrebten Migration nach Deutschland“ – administrative Abläufe bei der Beschäftigungssuche vermittelt werden. ESOP wird unterstützt von der EU und umgesetzt am Standort Bologna, explizit im Bereich Deutsch als Fremdsprache. In einer Ausschreibung heißt es: „Viele Geflüchtete bleiben nicht in Italien, sondern ziehen weiter in andere EU-Staaten.“ Das Recht ermögliche diese Migration aber nur bedingt. Als konstruktiven Gegenentwurf zur Irregularität „wird ESOP für einen Teil der Partizipanten die Möglichkeiten der legalen Migration durch das reguläre Visumsverfahren nutzen“. In der Aufbauphase konzentriert man sich auf „konkrete Unterstützung...der Geflüchteten, die sich entschieden haben, den Weg der legalen Migration nach Deutschland zu gehen“. Merke: Die Wege rund ums Asyl sind trickreich, bunt und vielfältig.                           Zur Kompatibilität mit dem Aufenthaltsgesetz, § 60a, siehe dort. 


14.11.2016

NGOs: Der angerichtete Schaden der Guten

 

Etwa 100 bis 200 Flüchtlinge marschierten am Wochenende auf der Autobahn Belgrad-Zagreb, um über die Landesgrenze von Serbien nach Kroatien und schließlich in die EU zu gelangen. Jetzt stehen sie an der Landesgrenze und lehnen laut Die Presse das Angebot der serbischen Regierung ab, ein nahe liegendes Aufnahmezentrum zu beziehen. Die Flüchtlinge hätten von NGO-Vertretern „sehr schlechte Informationen“ erhalten, zitieren die DWN den serbischen Flüchtlingskommissar Iwan Miskovic. Es war klar, dass der Grenzübergang gesperrt ist. Bereits im Frühjahr gab es etwa in Griechenland großen Unmut über die fragwürdige Rolle der NGOs, die „in Flüchtlingslagern de facto die Kontrolle übernommen und eigene Regeln aufgestellt“ hätten. Staatsorgane seien behindert und die Stimmung unter Migranten aufgeheizt worden. Im März hatten – auch deutsche – Aktivisten im Lager Idomeni Flugblätter mit Falschinformationen verteilt. Damit sollten die Flüchtlinge illegal nach Mazedonien gelotst werden. Es machten sich dann über 1.000 Menschen auf den Weg. Die Folge: etliche Verletzte und drei Tote. 

 

Nachtrag: Die Flüchtlinge treten offenbar den Rückweg in die serbische Hauptstadt an.


10.11.2016

Kindsköpfe schwingen das Zepter

 

Eine wirklich gute Wahlmöglichkeit hat es in Amerika nicht gegeben. Was nach dem Ergebnis bleibt, ist ein Funke Hoffnung, dass der weitere Durchmarsch linkspopulistischer Kindsköpfe wenigstens ins Stocken gerät. Der Aktionismus für Flüchtlinge wird inzwischen in Form einer fixen Idee, völlig losgelöst von realitätspraktischer Machbarkeit betrieben. Aktuelles von unzähligen Beispielen: Die Einladung des Flüchtlingsrats NRW und der FH Dortmund zum Workshop „Echte Bleibeperspek-tive!“. Vortragende sind etwa ein Mitarbeiter vom „Projekt Q der GGUA Flüchtlingshilfe“ – unterstützt vom Innenministerium NRW, Aktivisten von „Jugendliche ohne Grenzen“ – gefördert etwa von GEW, Heinrich Böll Stiftung, Die Linke, DRK und Evangelische Kirche, sowie ein Mitbegründer der bundesweit aktiven Politkampagne „Alle bleiben!“ – unterstützt von „Bundes Roma Verband“, „Papiere für ALLE!“, Die Linke, Der Paritätische, Die Bewegungsstiftung und vielen anderen. Auf dem Einladungsflyer wird mit einer Kopftuch tragenden Frau dafür geworben: „Ein Bleiberecht für alle Flüchtlinge erkämpfen!“ Im Workshop werden Strategien entwickelt, wie Ehrenamtliche Perspektiven für Flüchtlinge schaffen können – „unabhängig von politischen Vorannahmen“, sprich: unabhängig von der Gesetzeslage. Daher werden auch Handlungsoptionen „vom Monitoring am Flughafen bis zur Abschiebeblockade“ untersucht. Ein offener, staatlich, kirchlich und universitär unterstützter Aufruf zum Unterlaufen des Rechtssystems. Die Situation zwangsverheirateter Mädchen scheint im Übrigen keinen der „Guten“ zu interessieren.


25.10.2016

Artikel 1: Politische Instrumentalisierung die X-te

 

Die im Juli gegründete Plattform „Artikel 1 – Initiative für Menschenwürde“ wirbt gerade für ihr BoostCamp. Vereinsvorsitzende sind Kajo Wasserhövel, ehem. SPD-Politiker und Gründer der Strategieberatung Elephantlogic sowie Jana Faus, Gründerin von Pollytix: eine Agentur für forschungsbasierte Beratung. Richtigerweise wird beklagt, dass immer mehr Menschen dem Grundgesetz den Rücken kehren. Wer nun denkt, die Plattform will deshalb gerade mit diesen Menschen ins Gespräch kommen, sieht sich enttäuscht: „Wir wollen die offensive politische Auseinandersetzung mit den Kräften des Gestern“, die „Niedertracht und Nationalismus verkünden“. Man wende sich gegen "reaktionäre Überzeugungen, auch gegen ängstliches Festhalten an einer überholten nationalen Identität, die das zunächst Fremde abwehrt.“ Wer, außer Aktivisten aus den eigenen Reihen, hat noch Lust sich mit diesen sachfremd unterstellenden Leuten zu unterhalten? Natürlich sind nationale Identitäten keineswegs überholt, sondern Voraussetzung für kulturellen Austausch, das wiederum der beste Garant für Offenheit gegenüber Fremden. An anderer Stelle wird deutlich, worum es tatsächlich geht: „Wir bauen eine Kampagnenstruktur für Demokratie, hin zur Bundestagswahl 2017, auf.“ Auch, um „die Demagogen aus den Parlamenten zu halten“.


21.9.2016

Grenzenlose Sensibilität 

 

Die Friedrich-Ebert-Stiftung lädt via eines Newsletters zu einem Workshop für den 5. Oktober ein: „Szenarien der Einwanderungsgesellschaft IV: Wie sieht der Diskurs über Migration in 10 Jahren aus, angesichts anhaltender terroristischer Bedrohungen?“ Es geht dann um die Frage, wie sich die Gesellschaft verändert, wenn es künftig in Deutschland häufiger zu Anschlägen kommt. „Können Staat und Gesellschaft sensibel mit Anschlägen umgehen und wenn ja, wie?“ Oder werden sich „extreme Positionen und Fremdenfeindlichkeit“ festigen? Aus den Workshops resultierende Publikationen behandeln Szenarien der Einwanderungsgesellschaft aus der Zukunft. Die erste Publikation behandelt die Frage „Wo wohnen Geflüchtete in der Zukunft?“ und die zweite titelt „Nun sag Deutschland, wie hast du‘s mit der Migration?“. Im dritten Heft geht es um das „Leitbild der Einwanderungsgesellschaft“. 


20.9.2016

Neue deutsche Gemeinwohlorientierung

 

Wo alles neu werden soll, auch wenn dieser Anspruch nicht demokratisch zustande kam, darf neben den „Neuen Deutschen Organisationen“ und den „Neuen Deutschen Medienmachern“ die „Stiftung Neue Verantwortung“ nicht fehlen. Das „Think Tank für die Gesellschaft im technologischen Wandel“ will zusammen mit der Bertelsmann Stiftung Politikvorschläge etwa zur Energiewende entwickeln und Räume für einen „gemeinwohlorientierten Diskurs“ schaffen. „Das Projekt Gemeinwohl im digitalen Zeitalter zielt darauf ab, relevante Akteure des Dritten Sektors für die Bedeutung von digitalpolitischen Weichenstellungen für das Gemeinwohl zu sensibilisieren und Handlungsmöglichkeiten für die Zivilgesellschaft aufzeigen.“ Die Stiftung betont ihre Unabhängigkeit. Finanziert wird sie aus Fördermitteln gemeinnütziger Stiftungen und öffentlicher Institutionen, zum Beispiel vom Auswärtigen Amt und von RWE (Nachtrag 2018: RWE fehlt nun in der Unterstützerliste, jetzt steht dort unter anderen die innogy Stiftung für Energie und Gesellschaft für Digitale Energiewende). Die dahinter stehende Ideologie ist dieselbe wie bei den anderen „Neuen“: Nationalstaatlichkeit ist per se schlecht, böse und ausländerfeindlich. Aus dieser These heraus wird dann folgender Antagonismus herbei fantasiert: „Die Vorstellung, dass globale Vernetzung eine freie, bessere Welt schafft, ist einem neuen Realismus gewichen. Der aus der globalen Vernetzung von Computern entstandene Cyberraum hat nicht das Ende der Nationalstaaten eingeläutet.“ Nachdem sich in den europäischen Gesellschaften gerade in Nationalstaaten durch deren Austausch interkulturelle Kompetenz und die bestehenden, identitätsstiftenden Freiheiten entwickeln konnten, vermittelt die enttäuschte Stiftung, die Möglichkeit auf eine „freie, bessere Welt“ würde unter Beibehaltung der Nationalstaaten blockiert.  

 

Es ist absehbar, dass künftig „Gemeinwohl“ als weitere Parole dazu dient, die Bevölkerung mental unter Druck zu setzen. Im schweizerischen „Socialinfo – Wörterbuch der Sozialpolitik“ steht über Gemeinwohl: „Der Begriff wird in der öffentlichen Diskussion als kritische Anklage verwendet (z.B. gegen Eigennutz), als Appell (z.B. an Opferbereitschaft) oder Handlungsgebot (z.B. Aufruf zu Freiwilligenarbeit).“ Man solle sich stets bewusst sein: „In pluralistischen Demokratien kann es keine allgemein verbindliche inhaltliche Definition von Gemeinwohl mehr geben. Jede materiale Bestimmung wirft die Frage auf, aus welcher Perspektive sie getroffen wird.“ (Anm. 2018: Das Socialinfo steht nicht mehr im Netz) Von den neuen deutschen Think Tanks ist diese umsichtige Fragestellung nicht zu erwarten. Ihre Perspektive gilt absolut.    


14.9.2016

Die heimelige homogene Gruppe 

 

Es gibt deutschlandweit eine Flut an Vorträgen, Tagungen und Seminaren, die nahezu alle im selben Duktus angekündigt werden. Aktuell lädt die Berliner Schwarzkopf-Stiftung „mit Unterstützung des deutschen OSZE-Vorsitzes 2016“ zu folgendem Vortrag ein: „Die Angst vor Fremden: Was können wir gegen Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt tun?“ Tausendmal gelesen und festgestellt, dass die Veranstalter im Thema nicht weiterkommen, sich vielmehr zielfrei in der Wiederholung nebulöser Begriffe zu sonnen scheinen, ohne auf Antworten wirklich erpicht zu sein. 

 

Ein Auszug aus der Ankündigung: „Experten der Organisation für Sicherheit und Zusammen-arbeit in Europa (OSZE) sind sich einig, dass der offene Dialog, Medienkompetenzen und Pluralismus sinnvolle Wege sind, um Propaganda für Krieg und Hass entgegen zu treten. Doch gerade Medienkompetenzen und der offene Dialog werden in vielen Ländern, auch europäischen Ländern, weiter eingeschränkt. Der deutsche OSZE-Vorsitz 2016 hat die Arbeit für Toleranz und die Bekämpfung von Hassverbrechen zu einem seiner Schwerpunkte gemacht.“ Und nachdem gerade der „offene Dialog“ gelobt wurde, geht es folgendermaßen weiter: „Doch wie geht man mit der Angst von Menschen um, deren Meinung sich in der eigenen homogenen Gruppe bestätigt? Was können wir tun um Gewalt vorzubeugen, die aus Hass entsteht und sich in dem Irrglauben legitimieren, dass die Täter damit für eine Mehrheit in der Bevölkerung sprechen?“ 

 

Das öffentliche Sprachdiktat ist weit genug fortgeschritten um anzunehmen, dass mit den „Tätern“ ausschließlich nicht näher definierte „Rechte“ gemeint sind. Das bestätigt auch ein Interview mit dem Referenten Ulrich Wagner, Professor für Sozialpsychologie in Marburg, der beim Thema Flüchtlinge „jetzt ein gefragter Mann geworden“ ist (Anm. 2018: Interview bei HR Online inzwischen gelöscht). „Ängste ernst nehmen und überwinden“ sei sein Ansatz. Wenige Sätze später spricht er von „irrationalen Ängsten“. Warum ein Professor solche Widersprüche verlautbart, mag dessen Einstellung erklären: „Ich habe ein Verständnis von Wissenschaft, dass zumindest die ange-wandten Disziplinen dazu beitragen sollten, die Welt zu einer ein bisschen besseren Welt zu machen.“ Der Einschub der „eigenen homogenen Gruppe“, die sich in ihrer Meinung bestätigt, darf indessen als reine Projektion verstanden werden. Denn es trifft vor allem auf jene zu, die sich immer wieder mit ähnlichen Gesinnungsgenossen bei solchen Vorträgen treffen und gegenseitig moralisch erhöhen; auf Kosten kritisch denkender Personen, weil nur die destruktive Abgrenzung zu ihnen diese moralische Erhöhung ermöglicht. Die Angst davor, aus der heimeligen und steuergeld-beglückten Gruppe der moralisch Überlegenen herauszufallen, ist wohl wesentliche Triebfeder.   

 

Rückgefragt: „Wie geht man mit der Angst von Menschen um, deren Meinung sich in der eigenen homogenen Gruppe bestätigt?“ Antwort: Man rate ihnen dringend zu Reflexion anregender Lektüre, um sich von kritikloser Übernahme von Fremdurteilen zu befreien. Empfehlenswert ist  etwa die „Kompetenzorientierte Politische Bildung“ für Schüler zur Erlangung von Urteilskompetenz: „Urteilskompetent zu sein heißt, ‚zu einer selbstständigen, begründeten und möglichst sach- und/oder wertorientierten Beurteilung politischer Entscheidungen, Probleme und Kontroversen‘ fähig und bereit zu sein.“ Nach erfolgreicher Absolvierung wisse man sich selbst zu beantworten: „Wie komme ich eigentlich zu dieser Meinung?“ Fraglich ist, ob man als autonome Person in der homogenen Gruppe der angemaßten Deutungselite überhaupt noch erwünscht ist respektive sich wohl fühlt. Tragischerweise wird es nur bei Wenigen zu ehrlicher Selbstanalyse kommen, denn „für die Meisten beschränkt sich ihre Autonomie auf die beiden ersten Silben“, so Georg Skrypzak.


6.7.2016

Die „Neuen Deutschen“ 

 

Da soll mal noch einer mitkommen: Inzwischen gibt es ein Netzwerk aus rund 100 Organisationen, die Menschen aus Einwandererfamilien aus der Taufe hoben. Deren Vertreter wollen sich nicht mehr als Migranten bezeichnen lassen und gaben ihrem Zusammenschluss einen Namen, der aus Sicht politisch unbedarfter Leute Assoziationen zum neonazistischen Spektrum wecken könnte. Sie nennen sich: die „Neuen Deutschen Organisationen“ (NDO). Mit von der Partie sind zum Beispiel: „Neue deutsche Medienmacher“ (auf deren Website „deutsche“ mal klein und mal großgeschrieben), „DeutschPlus“, „Buntesrepublik“ und „Deutscher.Soldat“ – eine von Soldaten mit Migrations-geschichte gegründete Initiative, „um Thilo Sarrazin und seinen Thesen ein provokantes Symbol für Integration entgegenzusetzen“. Zwei Bundeskongresse hat es bisher gegeben, gefördert von der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), der Stiftung Mercator sowie der Bundesbeauftragten für Migration. Auch beim Bundesparteitag der SPD sind die NDO bereits aufgetreten. Beworben wurde außerdem die mit Mitteln des Auswärtigen Amtes umgesetzte Denkwerkstatt „Ent-Nationalisierung – Beteiligung neu denken?!“ der bpb im Dezember 2015. Sie diente der Vernetzung von Akteuren, die mit „Facetten der Ent-Nationalisierung“ befasst sind. Warum sich nun Organisationen mit „Ent-Nationalisierung“ beschäftigen, obwohl sie die Nationalität im eigenen Namen betonen, bleibt ebenso unerklärt wie der Umstand, dass das Auswärtige Amt und die bpb – die sorgte für Kostenübernahme von Anreise und Unterkunft der Teilnehmer – die Denkwerkstätten bezahlen.

 

Zur Steuerungsgruppe der NDO gehören Leila El-Amaire, Jurastudentin und Projektleiterin bei i,Slam e.V., Breschkai Ferhad, Kulturmanagerin und Leiterin der Koordinationsstelle der NDO bei den Neuen deutschen Medienmachern und Dominik Wullers, Ökonom, Offizier und Vorsitzender des Vereins Deutscher.Soldat. Für ihre „professionelle Arbeit“ fordern sie – jetzt ist man bestimmt überrascht – „ausreichende finanzielle Mittel“. Denn schließlich sei die Strukturförderung der Bundesregierung für Migrantenorganisationen „sehr gering“. Man vergleiche hierzu folgende Meldung auf berlin.de: „Jährlich stellen die EU, der Bund und die verschiedenen Senatsverwal-tungen des Landes Berlin in erheblichem Umfang Fördermittel für die Integration und Partizipation von Menschen mit Migrationshintergrund zur Verfügung. Zielgruppe der Fördergelder sind zumeist private Projektträger, die damit ihre Arbeit zur Integration von Zuwanderern finanzieren.“ Allein in Berlin fördert man Projekte zur Stärkung der Organisationen und Netzwerke von Personen mit Migrationshintergrund mit 1,9 Millionen Euro in 2016 und mit 2,0 Millionen Euro in 2017. 

 

Um Mitspracherecht bemühen sich die NDO ebenso engagiert: „Solange der Anteil von Neuen Deutschen und People of Color in Entscheidungspositionen deutlich unter ihrem Anteil in der Bevölkerung liegt, müssen wir eine Diskussion über Quoten führen.“ Das Grundgesetz solle um ein neues Staatsziel ergänzt werden: „Deutschland ist ein vielfältiges Einwanderungsland. Es fördert die gleichberechtigte Teilhabe und Integration.“ Bekenntnis zum „Einwanderungsland“ reiche allerdings nicht aus, man wolle auch ein Bekenntnis zur „Einwanderungsgesellschaft“: „Die deutsche Bevölkerung ist von Einwanderung geprägt und völkische Ideen dürfen keine Renaissance erleben“ – kurz später heißt es dann: „Auch wir sind das Volk.“ Außerdem seien politische Debatten über die Zugehörigkeit einzelner Religionsgruppen „nicht hilfreich und mit Blick auf das Grundgesetz fragwürdig“ und stünden „Deutschland  nicht gut zu Gesicht“.  

 

Das „neue deutsche Wir“ vertreten die „Neuen Deutschen“. Wer sich dem Netzwerk nicht anschließen will, etwa weil ihm der Eigenname zu völkisch oder nationalistisch und damit deren gesamte Agenda paradox erscheint, gehört in der direkten Ableitung zu den „Alten Deutschen“; der schon durch diesen Begriff als „dumpf“ und „rückschrittlich“ stigmatisiert werden darf, ohne dass dies auch nur den winzigsten Protest von Antidiskriminierungsaktivisten auslösen würde. Die „Alten Deutschen“ sind dann „Die“, die nicht dazu passen, und die „Neuen Deutschen“ das „Wir“ – solch spaltende Gegenüberstellung wird im neuen Leitfaden der Amadeu Antonio Stiftung zur Aushebelung des grundgesetzlich und menschenrechtlich verankerten Rechts auf Gedanken-, Gewissens- und Meinungsfreiheit als rassistische Hetze definiert.

 

Nachtrag vom 8.7.: Da einige wertvolle Leserkommentare zu meinem Beitrag eingingen, erscheint es mir wichtig nachzutragen, dass sich die zwischen den Zeilen stehende Kritik nicht gegen die einzelnen Organisationen richtet, die sich in den NDO zusammengefunden haben. Ganz sicher sind einige im positiven Sinne hoch engagierte Vereine und Personen darunter. Es gibt etwa von Dominik Wullers, dem Vorsitzenden von Deutscher.Soldat, einen gedankenanregenden, sehr lesenswerten Beitrag in der Zeit, in dem er seine Beweggründe erläutert. Meine Kritik richtet sich an jene "antideutsch" motivierte Aktivisten (teils mit Migrationshintergrund und teils mit guten Kontakten zu politischen Entscheidungsträgern), die sich die Migranten geradezu "krallen" und versuchen, sie entsprechend zu formen. Umso wichtiger wäre es, dass auch liberal oder konservativ orientierte Leute den Migranten Anlaufstellen anbieten, durch die sie sich vernetzen können. Die Migranten hätten dann eine Wahlfreiheit und es wäre spannend zu sehen, wo sie sich langfristig wohler fühlen.  


28.6.2016

Verbände: Politkorrekte Front

 

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte laut DWN, Silvester in Köln habe „Verunsicherung mit sich gebracht“. Besonders schlimm sei gewesen, „dass man über die Dinge scheinbar nicht sprechen wollte“. Der „Runde Tisch mit den verschiedenen Verbänden“ diene jetzt dazu, offen über Integrationsprobleme zu sprechen. Da allerdings ein Gros auch der Frauenverbände wiederholt politkorrekte Rassismusrhetorik inklusive Leugnung sozialisationsbedingter Ursachen zelebrierte anstatt Ross und Reiter sexueller Übergriffe zu benennen, wird ein Runder Tisch mit diesen – ihrer eigenen Klientel gegenüber illoyalen – Vertreterinnen den betroffenen Mädchen und Frauen herzlich wenig Unterstützung bringen. Ludwig Erhard pflegte seinerzeit gesunde Distanz zu Verbänden: „Interessenorganisationen im weitesten Sinne“ könnten „auch zu wachsender Unmündigkeit der Menschen führen“. Die Gruppen entstammten zwar dem Bedürfnis des Einzelnen, durch solidarisches Handeln private Ohnmacht zu überwinden und politisch handlungsfähig zu werden; „aber es ist auch nicht zu verkennen, daß die so geschaffene Apparatur ständig der Versuchung unterliegt, die von ihr vertretenen Menschen nach ihrem Willen zu lenken.“ Es erwachse kein organisches Ganzes, solange die Beteiligten der Devise huldigen: nur das sei recht, was ihnen nütze. „Ich erkläre, daß sich die Bundesregierung aus ihrer besonderen Verantwortung keinem Zwang und auch keiner offenen oder versteckten Drohung zu beugen gewillt ist.“

 

Erhards Regierungserklärung in Gänze: Plenarprotokoll vom 18.10.1963 ab Seite 4192. 


29.3.2016

Sozialarbeit: Professoren drängen auf Missachtung des Rechtsstaats

 

Die Forderung nach professionellen Standards für die Soziale Arbeit in Flüchtlingsunterkünften mag durchaus angebracht sein. Was allerdings verantwortliche Lehrende darüber hinaus in ihrem ins Netz gestellten Positionspapier proklamieren, ist schlicht ein Aufruf an Sozialarbeiter, den Rechtsstaat zu missachten. So heißt es an einer Stelle, die Soziale Arbeit sehe sich aufgefordert, rechtliche Festlegungen für freiwillige Ausreisen und Abschiebungen kritisch zu hinterfragen. Bis hierhin ist das sicher richtig, hat man bereits schon von unsinnigen Abschiebeurteilen gehört, die zum Beispiel in ihren Heimatländern misshandelte Frauen oder hoch motivierte Integrationswillige betreffen. Dann folgt aber die pauschale Aussage: „Das bedeutet auch, sich der Erwartung zu verweigern, an der Durchsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen mitzuwirken.“  

 

An späterer Stelle wird behauptet, es sei mandatswidrig, wenn Sozialarbeiter „Amtshilfe“ für die Polizei leisten. Konkret gemeint ist damit: Angaben zu vermuteten Herkunftsländern machen, Abwesenheiten in Unterkünften melden, Adressen untergetauchter Bewohner weiterleiten oder an Altersfeststellungen mitwirken. Offenbar wird bereits das als Beteiligung an möglichen Abschiebungen interpretiert und dies widerspreche dem professionellen Ethos Sozialer Arbeit. „Angesichts drohender aufenthaltsbeendender Maßnahmen sollten Sozialarbeiter_innen über sämtliche Handlungsoptionen beraten, damit Betroffene selbst eine informierte Entscheidung treffen können.“ Die „Handlungsoptionen“ sind hinreichend bekannt. Die Welt beschreibt zum Beispiel das Osnabrücker „Mekka der Abschiebungsgegner“, deren Aktivisten hofiert und zu Vorträgen geladen werden: „Im Internet verkünden sie triumphierend ihre Einsätze wie Treffer in der Torschützenliste.“

 

Tatsächlich darf man auch anderer Meinung sein, dass nämlich die Mitwirkung an geregelter Einwanderung keineswegs mandatswidrig ist – weil diese Voraussetzung für eine planungs-bedürftige Integration und einen funktionierenden Staat ist, in solchem Soziale Arbeit erst nachhaltig wirken kann. Eher ist eine Mandatswidrigkeit bei Professoren festzustellen, die Studierende einseitig politisch indoktrinieren und Gefolgschaft erwarten. Wird diese verwehrt, und mögen die Gründe auch noch so vernünftig sein, kommt es durchaus zu Kündigungen. So zumindest geschehen einem Sozialarbeiter in Belgien, der Vorgesetzte, Politiker und Bürgermeister über den radikalislamischen Anführer Fouad Belkacem aufklärte. „Statt angehört zu werden, habe er seine Stelle als Sozialarbeiter verloren“, schrieb die NZZ 2012. Im Februar 2015 berichtete Spiegel Online, Fouad Belkacem wurde als Anführer der Terrorgruppe „Sharia4Belgium“ zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt: wegen Anwerbung junger Menschen für den Dschihad in Syrien. Kein Wort im Artikel von dem Sozialarbeiter, der bereits Jahre zuvor auf diese Gefährdung hinwies und deswegen Ende 2005 entlassen wurde, wie Der Standard aktuell im Interview mit ihm aufzeigt. So viel auch zum Umgang mit Whistleblowern. 

 

Insgesamt wird sich der rosarote Bleiberecht-für-alle-Aktivismus über kurz oder lang als eines der größten Integrationshindernisse erweisen. Denn die eigenmächtige Aushöhlung des Rechtsstaats kommt vorrangig Kriminellen zugute, während sich ehrliche und kooperative Migranten und Einheimische nicht mehr auf eine funktionierende Justiz verlassen können. Sorge um die Autorität der Justiz beklagt bereits jetzt der Vorsitzende des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter, Robert Seegmüller: „Wenn Ausländer nach entsprechenden Urteilen nicht konsequent abgeschoben werden, verlieren der deutsche Staat und seine Justiz massiv an Autorität.“ Das Problem habe sich durch die große Zahl ankommender Flüchtlinge wesentlich verschlimmert: „Deutsche Behörden werden dem nach meinem Eindruck überhaupt nicht mehr Herr.“ Ein Kläger etwa rief nach dem Urteil: das „sei ihm egal, er werde ohnehin nicht abgeschoben“. Der Städte- und Gemeindebund verlangte bereits im Oktober vergangenen Jahres im Rahmen der Flüchtlingsarbeit die Einstellung von bis zu 50.000 neuen Sozialarbeitern. Manche von ihnen, vor allem jene im Öffentlichen Dienst, werden sich nun neben einer berufsethischen Ambivalenz zusätzlich in einem Autoritätskonflikt wiederfinden. Noch immerhin ist Rechtsprechung und ihre Ausführung durch Justiz und Exekutive grundgesetzlich in Artikel 20 geregelt. Theoretisch. Praktisch maßen sich Professoren für Sozialarbeit und linksautonome Aktionsgruppen gerade an, fern eines demokratischen Verständnisses auch diesen Bereich des öffentlichen Lebens allein in ihrem Sinne zu kapern. Das Recht zum Widerstand „gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen“, ist im Übrigen im vierten Absatz geregelt.

 

Das Positionspapier unterzeichneten bisher über 130 Hochschullehrer aus ganz Deutschland sowie Vereine und Verbände, darunter die Amadeu Antonio Stiftung.   

 

Nachtrag vom 26.10.2018: Das Positionspapier ist jetzt auch auf Englisch eingestellt und beide Versionen kursieren weitläufig in den einschlägigen Netzwerken - zum Beispiel via Prof. Dr. Barbara Schäuble von der Alice Salomon Hochschule Berlin in ansprechendem Layout.


20.1.2016

Abgesegnet: Animalische Menschen

 

"Menschen also, in denen ein tiefer Hass brennt, dessen eigentliche Ursache sie aber nicht verstehen wollen, sind am Ende dieser Kette eher animalisch als human. Das ist auch so, wenn sich dieser Hass politisch ausdrückt.": Ein Zitat von Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, aus der Broschüre zum Umgang mit Hate Speech; inklusive Geleitwort des Bundesjustizministers zur Menschenwürde. "Die Broschüre ist das Resultat eines vom Bundesministerium für Familie, Senio-ren, Frauen und Jugend geförderten Projektes zu Hate Speech und Kommentarkultur im digitalen Raum". Kahanes Stiftung ist jetzt Partnerin der „Initiative für Zivilcourage Online“ zur Bekämpfung von Hassrede im Internet; mehr dazu hier. Wer bekämpft eigentlich Hassrede in Broschüren?